von Horst Köhler, Friedberg
Einleitung
Die Aufenthaltsdauer von Landschildkröten im Freigelände lässt sich durch Aufstellen eines Schildkröten-Frühbeetes, das nachträglich mit einer Heizungsmöglichkeit für kühle Nächte im Frühjahr bzw. im Spätherbst ausgestattet werden kann, erheblich verlängern. So hielten sich beispielsweise meine Sternschildkröten Ende September/Anfang Oktober 2009 trotz meist nur noch einstelliger Nachttemperaturen immer noch im Freien, genauer gesagt meist in ihrem Schutzhaus auf. Je nach Witterung durften sie an sonnigen Tagen auch stundenweise ins Freie. Die Vorteile:
(1) Das etwas lästige Hin- und Hertragen der Tiere an kühlen Tagen von draußen ins Innenquartier im Wohnhaus und das Hinaustragen ins Freigehege am anderen Tag mit den zwangsläufig damit verbundenen Temperaturwechseln entfällt (obwohl ich wiederholt die Beobachtung machte, dass ein derartiger, bei mir höchstens zwei Minuten dauernder Transport in einer ausreichend großen Box die Schildkröten kaum oder gar nicht zu stören scheint: biete ich ihnen nämlich unmittelbar nach dem Umsetzen im Freien Futter an, beginnen sie sofort mit dem Fressen; dies würden sie sicherlich nicht tun, wenn sie sich durch das Herumtragen massiv gestört fühlten).
(2) Meine Tiere haben in ihrem Beckmann-Schutzhaus etwas mehr Platz zur Verfügung als in ihrem Innenquartier in meinem Wohnhaus. Gerade bei tropischen Landschildkröten, die keine Winterruhe (Winterstarre) machen, ist anzustreben, dass sie möglichst lange im größeren Gehege zubringen.
(3) Dank des Alltop-Hauses erhalten sie die natürliche UVB-Strahlung der Sonne, auch noch im Spätherbst. Im Innengehege werden sie nur dann mit UVB bestrahlt, wenn sie sich direkt unter oder in unmittelbarer Nähe des Strahlungskegels der UVB-Lampe aufhalten.
Eine Energiekosteneinsparung bei verlängertem Außenaufenthalt sehe ich dagegen nicht. Zwar entfallen draußen zumindest im Sommer tagsüber die Kosten für Wärme- und UVB-Bestrahlung durch Lampen, doch bei kühlen Nächten mit einstelligen Temperaturen im Frühjahr und im Herbst muss das Schildkröten-Frühbeet bei einem Besatz mit Sternschildkröten beheizt werden. Auf die dabei entstehenden Stromkosten gehe ich in diesem Beitrag am Schluss noch ein.
Frühbeet-Häuser
Die Palette der für die Schildkrötenhaltung infrage kommenden Frühbeete diverser Hersteller bzw. Anbieter schwankt von einem nur etwa 30-40 € teuren, denkbar einfach gebauten Frühbeet aus dem Bauwerker- bzw. Gartenmarkt mit einer Grundfläche von etwa 1 m2 bis hin zu den optisch ansprechenden, doppelwandig verglasten Markenhäusern in Alltop-Qualität, die dann allerdings in ähnlicher Größe durchaus einige Hundert Euro kosten können. Meine Erfahrungen mit den dünnwandigen Billigpreis-Produkten sind schlecht: diese Frühbeethäuser sind nicht regen- und zugdicht, der erste starke Windstoß kann schon das Dach wegwehen und eine ausgewachsene Schildkröte ist durchaus in der Lage, bei Ausbruchsversuchen die nur lose eingehängten Seitenwände nach außen zu drücken und zu verschwinden. Was nützt es, wenn das Frühbeet nur 35 € kostet, eine teure Schildkröte dann aber auf diese Weise verloren geht? Derartige Billigprodukte müssen beim Einsatz für Schildkröten in jedem Fall durch eine nachträgliche Isolierung, Abdichtung und Stabilisierung nachgebessert werden (Köhler, 2008).
Bild 1: Das Beckmann-Frühbeethaus bei maximaler Hochstellung des Deckels inmitten einer herbstlichen Gartenflora, aufgenommen Mitte September 2009. Das ausgestellte Dach kann durch Gummizüge gegen Windböen gesichert werden. An das Haus schließt sich das Freigehege mit einer Holzpalettenumfriedung an.
Doch auch bei den „exklusiven" Schildkröten-Häusern ist nicht „alles Gold was glänzt". Ich hatte mir im Frühjahr 2007 für etwa 340 € das Beckmann-Schildkrötenfrühbeet FT3G1AS gekauft und nach sechsstündiger (für mich etwas ungewohnter) Montagearbeit aufstellfertig gemacht. Die gesamte Verglasung besteht aus 16 mm starken, hochtransparenten und UV-durchlässigen Alltop-Plexiglas-Stegdoppelplatten. Die formschönen Aluminiumprofile, die grünen abgerundeten Kunststoffecken und letztlich die verschließbare Türe an der Vorderseite verleihen dem verwindungsfesten Produkt schon fast ein „edles" Aussehen. Durch Öffnungsstäbe lässt sich der Deckel bis zu 75 cm weit aufstellen (Bild 1), viel weiter als mit jedem automatischen Aussteller (Mistelbauer, 2007), auf dessen Kauf ich nach langem Überlegen verzichtete: einmal wollte ich die Leichtmetallprofile zur Befestigung eines Fensterhebers nicht anbohren (das "Gestänge" würde mich außerdem beim Fotografieren und Beobachten stören), zum anderen riet mir selbst der Hersteller, bei oftmaligem täglichen Öffnen des Deckels (Füttern am Morgen, Entfernen der Futterreste am Abend, Neubefüllung der Wasserschale, Entfernen von Kot, Fotoaufnahmen, Durchführung von Messungen an den Schildkröten, Ablesen von Temperatur und Feuchtigkeit im Frühbeet usw.) besser auf einen automatischen Öffner zu verzichten. Außerdem öffnet dieser schon ab einer Innentemperatur von 20 °C und damit für Sternschildkröten etwas zu früh. Zur Begründung meiner Entwscheidung muss ich allerdings erwähnen, dass ich tagsüber meist zuhause bin und daher das Dach je nach Wetterlage sofort öffnen oder schließen kann. Bei zweifelhaftem Wetter, oder wenn ich länger abwesend oder gar verreist bin, bleibt das Dach geschlossen und nur die Türe ist geöffnet.
Kommen wir nun zu den schwerer wiegenden Nachteilen des Beckmann-Frühbeetes: durch die in Bild 1 erkennbare Flachdachkonstruktion ist das Aufhängen einer Wärmelampe am Dach nicht möglich, denn bei jedem Öffnen bzw. Ausstellen des Deckels, dessen Scharniere sich an der hinteren Wand befinden, würde eine Lampe stören. Besser wäre ein Spitzdach mit zwei schräg angeordneten Hälften, von denen eine fest und die andere aufstellbar ist: an der festen Hälfte könnte dann oben im Spitz eine Lampe befestigt werden. Über einen weiteren Nachteil habe ich bereits an anderer Stelle berichtet (Köhler, 2008): die Temperatur im (geschlossenen) Beckmann-Haus erhöht sich bei sonnigem Wetter zwar sehr schnell (beispielsweise an einem schönen Frühlingstag auf fast 50 °C), nimmt aber nach Sonnenuntergang auch ebenso rasch wieder ab, so dass bereits am Abend im Inneren die niedere Außentemperatur erreicht ist. Eine Wärme-Speicherung, wie sie in den späten Abend- und Nachtstunden für Landschildkröten wünschenswert wäre, konnte ich trotz des hochwertigen Verglasungswerkstoffes nicht feststellen, obwohl das Haus nicht auf dem Gartenboden selbst, sondern auf einer 5 cm dicken Styrodur-Platte steht und innen mit einer stellenweise bis zu 25 cm hohen Substratschicht befüllt ist. Zwangsläufig musste ich daher im ersten Jahr nach dem Kauf des Schildkröten-Frühbeetes (2008) die Tiere an kühlen Abenden ins Wohnhaus holen und am folgenden Tag wieder nach draußen bringen. Das sollte im Jahr 2009 anders werden.
Erwärmung des Frühbeetes
Das Aufstellen von Wasserkanistern im Inneren des Frühbeetes, deren Inhalt sich tagsüber erwärmt und dadurch die Frühbeet-Spitzentemperaturen etwas senkt, andererseits am Abend wärme abgibt und so dem Temperaturabfall langsamer verlaufen lässt, kam für mich nicht infrage: zum einen ist die Bodenfläche mit etwa 1 m2 ohnehin schon gering und sollte nicht noch durch zwei oder drei Wasserkanister reduziert werden, zum anderen würde für mich der optische Eindruck massiv beeinträchtigt sein. So schichtete ich stattdessen als erste Maßnahme an der Rückwand des Beckmann-Hauses 25 dunkle Ziersteine von je 2,6 kg Gewicht und der Größe 19,5 x 9,5 x 6 cm auf (Bild 2), denn auch diese Steine absorbieren tagsüber die Wärme und geben diese nach Sonnenuntergang wieder langsam an ihre Umgebung ab, nehmen aber viel weniger Platz ein als die doch recht unschönen Wasserkanister. Doch das Ergebnis dieser Maßnahme stellte mich noch nicht zufrieden: zwar waren die Steine nach einem sonnigen warmen Tag auch noch am späten Abend warm, doch dies erhöhte die Haus-Innentemperatur allenfalls um 2-3 °C; und spätestens am anderen Morgen war die Temperatur im Haus dann gleich mit der Außentemperatur.
Zusätzlich zu den aufgeschichteten Steinen befestigte ich im nächsten Schritt mittels einer einfachen Klemmvorrichtung eine Lampe mit einem 100-Watt-Elstein-Keramikstrahler (Bild 2). Damit erreichte ich beispielsweise bei einer Umgebungstemperatur von 7 °C an einem frühen Mai-Morgen direkt unterhalb des Strahlers am Boden 19 °C, doch in 30 cm Abstand davon nur noch 14 °C und in der Nähe der (nicht abdichtbaren) Türe war es sogar mit 12 °C noch kühler – zu kalt also selbst für die Unterbringung von europäischen Landschildkröten, geschweige denn für meine Sternschildkröten. Die Angabe, ein 100-Watt-Keramikstrahler reiche für die Erwärmung eines 1 m3 großen Schildkröten-Frühbeethaus, gilt also wohl nicht für eine Aufstellung im Freien; in meinem Fall kamen ja sogar noch begünstigende Faktoren wie die Wärme speichernde Steinmasse von insgesamt 65 kg und die (angeblich ?) guten Wärmedämmeigenschaften des Verglasungsmaterial des Beckmann-Hauses hinzu.
Bild 2: Blick in das Innere des Schutzhauses mit den Wärme speichernden Steinen an der Rückwand und dem Reflektor für den Elstein-Strahler . Rechts auf dem halbierten blauen Übertopf der Thermotimer und dahinter, auf dieser Aufnahme verdeckt, der kWh-Messer. Am Ende des Holzstabes auf der Schildkrötenhöhle sitzt der Temperatur-Sensor. Die Wärmematte befindet sich auf einer Styrodurplatte unterhalb des Substrats.
Erst die zusätzliche Unterbringung einer 25 x 35 cm großen Wärmematte mit 15 Watt Leistungsaufnahme unter dem Substrat (sie wurde mit mehreren Steinfliesen zur Verteilung der Wärme auf eine größere Fläche abgedeckt) und der gleichzeitige Betrieb mit dem Elstein-Strahler, beide Wärmequellen gesteuert durch einen Thermotimer, sicherten schließlich die gewünschten Innentemperaturen. Der Thermotimer wurde nach einigem Probieren auf eine Schalttemperatur von 20 °C eingestellt, wobei der Sensor etwa in der Mitte des Frühbeetes platziert wurde: bei Unterschreiten dieses Wertes werden automatisch beide Wärmequellen eingeschaltet und erst dann wieder ausgeschaltet, wenn die Temperatur den Wert von 20 °C übersteigt. Damit können im Frühbeet unabhängig von der jeweiligen Außentemperatur weder tagsüber noch nachts niedrigere Temperaturen als 20 °C auftreten - zumindest in der warmen Jahreszeit. Am Tag sorgt in der Regel die Sonne für eine Erwärmung des Frühbeetes. Fehlt die Sonne für längere Zeit, z.B. an nebligen, trüben Herbsttagen, müsste tagsüber entweder eine zusätzliche Wärmelampe zugeschaltet oder die Tiere vorübergehend doch ins Innenterrarium im Wohnhaus gebracht werden. Ich entschied mich gegen eine (zusätzliche) Tages-Wärmelampe und hatte damit bisher Glück, da wir in Südbayern einen schönen und warmen Herbst 2009 hatten. Sternschildkröten überstehen kurzzeitig auch kühle Frühjahrs- und Herbsttage; doch mehrere Tage bei Tages-Innentemperaturen von nicht über 20 °C würde ich ihnen doch nicht zumuten. Dann wäre es an der Zeit, die Tiere ins Haus zu holen. Dies geschah dann 10. Oktober 2009, als für die darauf folgenden Tage Tageshöchsttemperaturen von nur noch 12 °C und Nachttemperaturen um 5 °C vorausgesagt wurden. Eine Woche später fiel im Bereich Augsburg der erste Schnee! Wie überraschend der Wintereinbruch erfolgen kann, zeigt sich daran, dass wir in der Region am 6. Oktober noch sommerliche Temperaturen bis zu 27 °C im Schatten hatten.
Hier einige typische Temperaturen mit obiger Ausrüstung und Einstellung im Beckmann-Haus im Vergleich zur jeweiligen Außentemperatur:
18. Juli 2009, 15.30 Uhr: außen 15 °C, innen 19,7 °C
23. August 2009, 8 Uhr: außen 11,3 °C, innen 20,1 °C
7. September 2009, 8 Uhr: außen 9,2 °C, innen 19,9 °C
14. September 2009, 23.30 Uhr: außen 9 °C, innen 20,4 °C
17. Oktober 2009, 15 Uhr: außen 7 °C, innen 20,1 °C (die Schildkröten waren bereits ausquartiert).
Stromkosten
Da ich zwischen der in das Beckmann-Haus führenden Stromleitung und dem Thermotimer ein Messgerät zur Stromverbrauchsüberwachung geschaltet habe, kann ich sehr einfach die tägliche Entwicklung der verbrauchten Gesamtleistung in kWh ablesen und z.B. auch erkennen, wann es im Herbst sinnvoll ist, die Haltung der Schildkröten im Garten zu beenden. In der Zeit zwischen dem 23.5. und dem Ausquartieren der Sternschildkröten am 10.10.2009, also innerhalb von etwa 4 ½ Monaten, wurden insgesamt 54 kWh für die Erwärmung des Beckmann-Hauses verbraucht, davon aber allein 25 kWh (= 46 %) seit dem 12.9., also in den letzten vier Wochen alleine. Dies zeigt, wie stark die Energiekosten für die Beheizung des Beckmann-Hauses im Herbst ansteigen. Bei dem von uns gewählten Stromtarif von 19,8 cts/kWh incl. 19 % Umsatzsteuer kosten die 54 kWh nicht ganz 11 €. In der genannten Zeit (23.5.-10.10.2009) verbrachten die Tiere keine einzige Nacht in ihrem Innenquartier im Wohnhaus.
Bei einer Messung am 16./17. Oktober 2009 (ohne die Schildkröten) verbrauchten Wärmematte und Elsteinstrahler innerhalb von nur 24 Stunden knapp 3 kWh, d.h. beide Wärmequellen liefen ununterbrochen. Inwieweit beide Wärmelieferanten bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt oder darunter genügend Wärme erzeugen, um trotz der dann markant ansteigenden Wärmeverluste nach außen immer noch 20 °C im Innreren des Hauses zu erreichen, habe ich nicht überprüft, da die "Elektrik" mittlerweile für die Winterpause entfernt wurde.
Bild 3: Ein bei tieferen Temperaturen beheizbares Schildkrötenhaus im Freien mit transparenten Seiten- und Dachflächen erlaubt auch in frühen Morgen- und späten Abendstunden eine Beobachtung der Aktivitäten von (Stern-) Schildkröten. Ein ausgiebiges Sonnenbad im Freigehege wie hier in einer Aufnahme von Ende September ist den ganzen Sommer über so nicht zu sehen, da die Tiere sofort Schattenplätze aufsuchen. Warum also nicht Sternschildkröten auch im Frühjahr und im Herbst im Freien halten – natürlich nur mit Hilfe eines technisch „aufgerüsteten" Frühbeethauses? Die Fotos stammen vom Autor.
Fazit
Diese Energiekosten lohnen sich meiner Meinung nach, zumal die Ganzjahreshaltung von Sternschildkröten im Wohnhaus wegen der tagsüber notwendigen Wärme- und UVB-Lampenbestrahlung auch nicht kostenlos ist. Ich habe den Eindruck, dass das Verhalten meiner im Freien gehaltenen Sternschildkröten im Herbst erst richtig gut zu sehen ist (Bild 3), versteckt sich doch diese Art in der warmen Jahreszeit bereits bei Überschreiten einer Carapax-Temperatur von etwa 27 °C für mehrere Stunden (Köhler, 2008).
Literatur:
Köhler Horst (2008): Aufzucht europäischer Landschildkröten-Babys: vom Ei zum robusten Jungtier. 180 Seiten. Schildi-Verlag Augsburg
Mistelbauer Ewald (2007): Erfahrungen, Tipps und Praktisches bei der Umsetzung von Frühbeetbauvorhaben für terrestrisch lebende Schildkröten. Schildkröten-Im-Fokus 4 (4), S.3-14
Der Beitrag wurde am 18. Oktober 2009 online gestellt