Wie aus den Bildern 2, 3 und 4 dieses Artikels ersichtlich ist, schließt sich der Ultraviolett-Bereich des elektromagnetischen Spektrums unmittelbar links an das sichtbare Sonnenlicht an, besitzt also kürzere Wellenlängen als Licht; dafür ist die UV-Strahlung der energiereichste Teil der optischen Strahlung. Menschen können die UV-Strahlung weder sehen noch fühlen, doch kann sie bei zu langer Einwirkung oder bei Überdosierung starke negative biologische Wirkungen vor allem auf die menschliche und tierische Haut und die Augen („Verblitzungen“, Netzhautschäden) haben. Ein Kennzeichen dieser Strahlung, vor allem der UV-B-Teilstrahlung ist, dass ihre Intensität erheblich stärker von der Sonnenhöhe am Himmel bestimmt wird als die solare Gesamtstrahlung. Dies bedeutet, dass die UV-Strahlung im Jahres- und im Tagesverlauf entsprechend größere Änderungen zeigt. Ihr den Erdboden erreichender Anteil variert stark mit dem Sonnenstand, dem Gesamtozongehalt der absorbierenden Luftschsichten und der Bewölkung. Beim derzeitigen Stand der Wissenschaft gilt als sicher, dass die Verringerung des Luft-Ozongehaltes ("Ozonloch") künftig die UV-Belastung deutlich erhöhen wird; Schäden an Menschen, Tieren und Ökosystemen können nicht ausgeschlossen werden.
Viele Tiere, und dazu zählen auch die Reptilien, können im Gegensatz zum Menschen bis in den UV-Bereich hinein "sehen".
Der UV-Bereich wird näherungsweise je nach der biologischen Wirksamkeit in drei Bereiche unterteilt:
UV-A: Wellenlänge 315/320 bis 400 nm (Bild 8)
Ähnlich wie das sichtbare Licht wird die UV-A-Strahlung von der Erdatmosphäre weitgehend durchgelassen. Sie kann bis zu 5 mm tief in die menschliche Haut eindringen und bräunt sie, ohne einen Sonnenbrand zu erzeugen. Durch die Einwirkung von UV-A bilden sich schwarz-braune Farbkörper aus Melanin, die die Haut vor noch tieferem Eindringen der Strahlung schützt.
Vor allem bei tagaktiven Echsen ist die UV-A-Strahlung für die Pigmentbildung und die Regenerierung der Haut von großer Bedeutung: Echsen, die ausreichend mit UV-A bestrahlt werden, häuten sich häufiger und leichter (Drewes, 2005). Im Gegensatz zu Echsen benötigen Landschildkröten primär nicht UV-A, sondern UV-B. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine „Besonnung“ von Schildkröten mit UV-A ihre Aktivität und damit ihr allgemeines Wohlbefinden steigert.
Zahlreiche Haushaltslampen erzeugen Spuren von UV-A, doch nennenswerte Mengen liefern nur die speziellen UV-Lampen.
UV-B: Wellenlänge 280 bis 315/320 nm (Bild 8)
UV-B-Strahlen werden zu einem kleineren Teil von der Lufthülle, genauer gesagt von der Ozonschicht, absorbiert. Vollkommen absorbiert werden die UV-B-Wellenlängen unterhalb von 290 nm Wellenlänge, so dass für die Erdoberfläche nur der Strahlungsbereich zwischen 290 und 315/320 nm relevant ist. Selbst im Hochsommer ist in unseren Breitengraden die UV-Strahlung unterhalb von 290 nm nicht mehr nachweisbar ("UV-B-Kante"). UV-B ist energiereicher und deshalb auch gefährlicher als UV-A. Es kann Hautschäden (Sonnenbrand) und Bindehauterkrankungen hervorrufen; die Eindringtiefe in die menschliche Haut beträgt höchstens 0,1 mm (100 µm). Nüchtern betrachtet ist der einzig positive Effekt der UV-B-Strahlung, dass in der menschlichen und tierischen Haut die Vitamin D3-Bildung verursacht wird (siehe Einleitung). Die dafür nötige Dauer wird oft überschätzt: beim Menschen sollen nämlich nur etwa 10 Minuten Sonnenlicht ausreichen, um genügend Vitamin D3 zu bilden (Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz). Bei (europäischen) Landschildkröten ist die erforderliche Dauer der Sonnenexposition bisher unbekannt, zumindest kenne ich keine entsprechende Literaturquelle; die Folgerungen aus ersten eigenen Beobachtungen und Messungen lesen Sie in Kapitel 5.3.
Obwohl das UV-B-Strahlungsband der Sonne im Vergleich zum gesamten Spektrum ohnehin schon sehr schmal ist (siehe Bild 2 und 3), gibt es zwischen den Wellenlängen 290 und 315/3420 nm sogar einen noch engeren Teilbereich, in dem die Vitamin D3-Synthese (in der menschlichen Haut; näherungsweise übertragbar auch auf die Haut von Landschildkröten) besonders effizient abläuft: nach Untersuchungen von Wissenschaftlern (MacLaughlin et. al., 1982; Lindgren et. al., 2008) erreicht die Umwandlungsrate bei 298 nm ein Maximum und fällt sowohl zu kürzeren als auch zu größeren Wellenlängen hin rasch ab. Rund 60 % der gesamten Vitamin D3-Synthese erfolgt zwischen den Wellenlängen 290 und 300 nm. Nach heutigem Kenntnisstand wird bei der UV-B-Sonnenbestrahlung bei Wellenlängen über 300 nm sogar das bereits erzeugte Vitamin D3 teilweise wieder zerstört (Lindgren, 2004). Eine UV-Lampe, deren UV-B-Intensitätspeak nur zwischen 300 und 320 nm liegen würde, wäre somit wenig geeignet, zur Vitamin D3-Synthese bei Schildkröten beizutragen, ja, sie wäre unter Umständen für diesen Zweck sogar völlig unbrauchbar oder allenfalls als Wärmelampe einsetzbar. Das in Bild 7 gezeigte Spektrum steht für eine derartige - übrigens häufig gekaufte - Lampe, die der Markt als kombinierte UV-B-/Wärmelampe anbietet.
Glas und einige andere Materialien (z.B. diverse Plastikstoffe) lassen UV-B nicht durch: deshalb sind beispielsweise Träger von Glasbrillen gegen UV-B-verursachte Augenschäden besser geschützt sind als Menschen ohne eine derartige Brille. Diese Eigenschaft mancher Werkstoffe ist beim Bau von Schildkröten-Schutzhäusern unbedingt zu beachten, weil z.B. Frühbeet- und Gewächshäuser mit Dächern aus normalem Fensterglas kein UV-B durchlassen: dies ist ein großer Nachteil, wie schon aus der Einleitung zu dieser Veröffentlichungsserie hervorgeht. Selbst wenn, wie ich immer wieder höre und bei Schildkrötenfreunden sehe, ein Glasterrarium zur vermeintlichen UV-B-Versorgung direkt an das Fenster gestellt wird, kommt kein UV-B bei den Schildkröten an, denn die Strahlung wird nicht nur durch eine, sondern gleich durch zwei Glasscheiben (Wohnungsfenster, Terrarienscheiben) abgeblockt. Ohne UV-B-Bestrahlung der Haut (der Panzer von Schildkröten ist hierbei nicht maßgebend) können Reptilien das für den Kalziumstoffwechsel benötigte aktive Vitamin D3 nicht aus seiner inaktiven Vorstufe erzeugen, selbst wenn in der Nahrung ausreichend Kalzium vorhanden ist (Köhler, 2008). Dann wird nämlich Kalzium aus den Knochen und dem Panzer abgebaut – die Folge kann dramatisch sein: Stoffwechselerkrankungen, weiche Knochen, rachitische Erscheinungen, Muskelschwäche usw.
Achtung: Die handelsüblichen Haushaltslampen (z.B. Glühlampen) und auch die meisten der so genannten Vollspektrum-Strahler geben kein UV-B ab. Der Fachhandel bietet jedoch eine große Zahl von UV-Lampen verschiedener Hersteller, Preisklassen, Leistungen und UV-B-Strahlungsintensitäten an. Darauf wird in einem späteren Kapitel (Kapitel 6) noch ausführlich eingegangen.
Bild 8: Diese Grafik von Dr. Frances Baines zeigt die Intensitäten der UV-A- und UV-B-Strahlung der Sonne, gemessen am 7. Juli 2007 in Süd-Wales (UK) bei einem Sonnenstand von 60,7 Grad. Reptilien können den UV-A-Bereich zwischen 350 und 400 nm Wellenlänge noch als "Farbe" erkennen. Vom UV-B-Bereich ist die Strahlung zwischen 290/300 und 315 nm (bzw. 320 nm; Erklärung siehe weiter unten) für die Vitamin D3-Synthese entscheidend. Messbar ist die UV-B-Intensität z.B. in weiten Teilen der USA und auch von Europa mittags an einem sonnigen Sommertag aber erst ab Wellenlängen von über 300 nm. Nur in den Tropen, und da nur bei bei bestimmten Bedingungen, zeigt das Messgerät gelegentlich auch noch bei 290 nm eine sehr geringe Intensität an. Internet-Forenempfehlungen, dass Landschildkröten mit UV-B bei einer Wellenlänge "um 290 nm" bestrahlt werden sollen, sind also, wie ein Blick auf Bild 8 oder Bild 4 sofort zeigt, falsch. Denn bei dieser Wellenlänge hat die UV-B-Strahlung der Sonne zumindest in Süd- und Südosteuropa, dem Lebensraum unserer europäischen Landschildkröten, noch keine messbare Intensität.
Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass für amerikanische Wissenschaftler mit einer Wellenlänge von 320 nm eine andere rechte Grenze des UV-B-Bereiches gilt als in Europa mit nur 315 nm. Die Festlegung der Grenze zum UV-A-Bereich erscheint fast willkürlich: die Wellenlänge 315 nm nahm man nämlich früher als die Grenze für die Schädigung der DNA an, doch heute ist man vor allem in den USA eher der Auffassung, dass von einem Schädigungsrisiko erst unterhalb von 320 nm gesprochen werden kann (Wunderlich, 2008). Die Ergebnisse von UV-B-Messungen, die mit amerikanischen und europäischen bzw. deutschen Messinstrumenten aufgezeichnet wurden, sind aus diesem Grund leider nicht direkt vergleichbar. Dies ist auch verständlich, wenn man sich beispielsweise das Spektrogramm in Bild 8 betrachtet: integriert man nämlich die Fläche unter der UV-B-Kurve nur zwischen 300 und 315 nm Wellenlänge, ergibt sich eine kleinere Fläche - und damit eine kleinere Bestrahlungsstärke in µW/cm2 - als wenn man dies zwischen 300 und 320 nm tut; wie die Grafik zeigt, steigt die Strahlungsintensität mit zunehmender Wellenlänge deutlich an. Amerikanische Strahlungsmessgeräte zur Messung der solaren UV-B-Intensität ergeben demzufolge immer höhere Werte als deutsche. Bei der Messung an UV-Lampen ist für das Ergebnis entscheidend, ob zwischen 315 und 320 nm zufällig gerade eine lampenspezifische UV-B-Spitze liegt oder nicht, wie folgende Messung an der Bräunungslampe vom Typ Ultravitalux (Osram) zeigt (Messabstand 30 cm, Messinstrument: Spektrometer):
Erfasster Bereich: 280 – 315 nm: UV-B = 580 µW/cm2, 280 – 320 nm: UV-B = 610 µW/cm2 (Baines, 2007). Der Unterschied beträgt zwar in diesem Fall nur 5 %, und zwar deswegen, weil der ausgeprägte UV-B-Peak der Ultravitalux-Lampe zwischen 311 und 316 nm zum größten Teil noch unterhalb von 315 nm liegt. Bei Lampen, bei denen ein UV-B-Peak dagegen bei einer Wellenlänge zwischen 315 und 320 nm auftritt, ist die Differenz naturgemäß sehr viel größer.
Um den Umfang dieser Abhandlung zu begrenzen, wird auf eine weitere Erörterung verzichtet (siehe bei Köhler, 2008).
Alle UV-B-Messwerte, die in diesem Artikel genannt und diskutiert werden, wurden von mir bzw. von Kolleginnen und Kollegen mit amerikanischen Instrumenten ermittelt (siehe Kapitel 4.2) und gelten daher für den Wellenlängenbereich von 280 bis zu 320 nm.
UV-C: Wellenlänge ca. 180 bis 280 nm
Diese Strahlung ist die energiereichste und damit für alle lebenden Zellen auch die gefährlichste des gesamten UV-Bereiches, wird aber zum Glück, wie weiter oben schon ausgefüfhrt, durch das atmosphärische Ozon fast vollständig absorbiert und kann somit die Erdoberfläche nicht erreichen. UV-C wurde sogar bis zu 100 nm Wellenlänge nachgewiesen, doch derartig kurzwelliges UV-C existiert nur im Vakuum: beim Durchgang durch die Lufthülle wird es dagegen vollständig absorbiert. Bei Wellenlängen um 265 nm hat die Strahlung eine stark keimtötende Wirkung und wird aus diesem Grund zum Beispiel häufig zur Keimreduzierung in der Aquaristik in Form spezieller UV-C-Röhren bzw. -Brenner und auch in bestimmten Bereichen der Technik und Medizin (z.B. Desinfektion) eingesetzt.
Bei UV-Lampen muss angegeben sein, ob und wenn ja, wie viel gefährliches UV-C sie abgeben, denn sie verursachen ebenfalls Sonnenbrand und Bindehautentzündungen. UV-C wird in der Terraristik nicht benötigt; UV-Spezialstrahler sollten also tunlichst kein UV-C abgeben.
UV-, vor allem UV-C-bedingte Krankheiten werden in den kommenden Jahrzehnten infolge der fortwährenden Zerstörung der Ozonschicht der Erde und damit der Schwächung der UV-Filterwirkung zunehmen.
3. Allgemeines zur Ultraviolett-Strahlung (UV-Strahlung) der Sonne
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- Kategorie: UVB-Fachartikel
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3.1 Aufteilung des UV-Bereiches