2.1 Allgemeines zur Sonnenstrahlung

Dass im Gegensatz zu allen anderen Planeten unseres Sonnensystems Leben auf der Erde entstehen konnte und existieren kann, hängt neben anderen Faktoren damit zusammen, dass unser Planet gerade so weit von der Sonne entfernt ist, dass es auf ihm weder zu kalt noch zu heiß ist und dass sich im Verlauf der Evolution eine dichte, "ungiftige" Atmosphäre ausbilden konnte, die Leben schützt und nicht etwa vernichtet. Dass es auf der Erdoberfläche für uns Menschen angenehm warm und hell ist, verdanken wir der Sonne. Von ihrer mit etwa 5.800 K (ca. 5.530 °C) heißen Oberfläche geht schon seit ihrer „Geburt“ vor etwa 4,6 Milliarden Jahren nach allen Richtungen mit Lichtgeschwindigkeit eine ständige Strahlung aus, die so genannte extraterrestrische Sonnenstrahlung (Solarstrahlung, Sonnenwind, elektromagnetisches Spektrum). Dieses Spektrum umfasst einen Wellenlängenbereich von mehr als neun Zehnerpotenzen, von den kurzwelligen Röntgenstrahlen bis hin zu den extrem langen elektromagnetischen Wellen. Bild 2 zeigt davon lediglich einen kleinen Ausschnitt.
 
Mit einer auf die Fläche bezogenen Energie von durchschnittlich etwa 1.350 W/m(dieser Wert wurde 1982 von der Genfer Weltorganisation für Meteorologie festgelegt und wird als Solarkonstante bezeichnet) prallt die Strahlung auf die äußeren Bereiche der Erdatmosphäre auf. "Durchschnittlich" ist der hier angegebene Wert für die Solarkonstante deswegen, weil die exakte Leistung vom jeweiligen Abstand Sonne-Erde und darüber hinaus auch noch vom 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus abhängt. Zum Glück für Mensch und Natur lässt die Erdatmosphäre bei Weitem nicht die gesamte ankommende Strahlung durch; dies betrifft in erster Linie den Ultraviolett- und den Röntgenbereich. Andere Teile des Spektrums werden an Eis- und Staubpartikeln in der Atmosphäre reflektiert und erreichen die Erdoberfläche deswegen ebenfalls nicht oder nur abgeschwächt.

Von der für den Menschen unsichtbaren und auch nicht mit anderen Sinnesorganen wahrnehmbaren solaren Ultraviolett-Strahlung (UV-Strahlung) von ungefähr 135 W/m2 (solche Werte werden mit Hilfe von wissenschaftlichen Satelliten an der äußeren Erdatmosphäre gemessen) kommt am Erdboden nur noch zwischen 20 und 60 W/m2 an.  Im Gegensatz dazu ist die Atmosphäre für jenen Teil der Gesamtstrahlung, die wir sehen und fühlen können, und die wir „Licht“ nennen, gut durchlässig (siehe Abschnitt 2.3).
 
Die rechnerische mittlere Leistungsdichte der Sonnenstrahlung am Erdboden (räumlicher und zeitlicher Mittelwert), also das Produkt aus Energie und Bestrahlungszeit, liegt bei 1.445 kWh je m2 und Jahr. Je nach Lage des Standortes (Breitengrad) und der Jahres- und Tageszeit streuen diese Werte stark. So beträgt die Jahres-Leistungsdichte in Deutschland „nur“ etwa 1.000 kWh/m2 , in der viel weiter südlich gelegenen Sahara aber mit etwa 2.500 kWh/m2 zweieinhalbmal so viel. Betrachtet man den Verlauf der Leistungsdichte der Sonnenstrahlung während eines einzelnen Tages, steigt sie am frühen Morgen von einem Wert bei Null sehr steil auf einen Höchstwert (Maximum) um die Mittagszeit an, um dann bis zum Abend wieder abzufallen. Die Werte schwanken je nach den örtlichen Gegebenheiten. Der Maximalwert hängt außerdem von der Jahreszeit ab: für einem typischen süddeutschen Standort ist die am Boden ankommende mittlere Sonnenleistung im Dezember zur Mittagszeit etwa 0,07 kW/m2 , im Juni jedoch etwa 0,21 kW/m2 , also drei Mal so viel. Deswegen lässt sich ja mit Photovoltaik-Modulen auf dem Hausdach im Sommer bekanntlich sehr viel mehr Strom erzeugen als im Winter und im Süden sehr viel mehr als im Norden des Landes.
Wie wir an späterer Stelle (Kapitel 5.2) noch sehen werden, hat der Tagesverlauf der UV-B-Sonnenstrahlung eine ganz ähnliche Charakteristik: einen steilen Anstieg am Morgen ausgehend von einem Wert bei Null, Erreichen des Maximums gegen Mittag bzw. am frühen Nachmittag und danach Abfall bis zum Sonnenuntergang wieder auf Null.

 

2.2 Mehr über elektromagnetische Spektren, Wellenlängen, Frequenzen

Die Einheit für die Wellenlänge der Sonnenstrahlung ist Meter, Zentimeter oder Millimeter (m, cm, mm). Doch die meisten für das vorliegende Thema relevanten Strahlen (Infrarot-, Licht- und UV-Strahlung) haben deutlich kürzere Wellenlängen als 1 Millimeter (1 mm). Diese werden daher in der kleinen Längeneinheit Nanometer (nm) angegeben, eine Dimension, die uns im Verlauf dieses Artikels noch häufig begegnen wird. Ein Nanometer (1 nm) ist nämlich nur ein Milliardstel Meter oder ein Millionstel Millimeter (1 nm = 10-9  m = 10-6  mm). Dies ist so wenig, dass ich die „Länge“ eines Nanometers durch einen Vergleich mit dem menschlichen Haar verdeutlichen kann: nimmt man den Durchmesser des dicksten menschlichen Haares zu rund 100 Mikrometer (100 µm = 10-4 m) an, ist ein Nanometer nur der Hunderttausendste Teil davon! Die Wellenlängen von kurzwelligen Strahlungen sind also ungleich kürzer als etwa die Längen der Wellen, die sich im Wasser ringförmig nach allen Seiten ausbreiten, nachdem wir einen Stein hineingeworfen haben. Doch es gibt auch Langwellen mit Wellenlängen von einigen Metern, ja sogar einigen Kilometern, die jedoch für unser Thema nicht relevant sind.
 
Sichtbares Licht nimmt einen Wellenlängen-Bereich beginnend von etwa 380 - 400 nm bis hin zu etwa 750 - 780 nm ein (die Bereichsgrenzen der einzelnen Strahlungen sind „leicht variabel“; in der Physik bzw. der Fachliteratur findet man geringfügig voneinander abweichende Angaben zu den Bereichsgrenzen). Die UV-Strahlung (etwa 100 – 400 nm) ist kurzwelliger als Licht, die sich an das sichtbare Licht anschließende Infrarot-Strahlung ist mit ca. 750 nm bis ca. 1 mm (1 Millimeter) Wellenlänge langwelliger (Bild 2). Noch kürzere Wellenlängen als die UV-Strahlung haben Röntgenstrahlung und die kosmische Strahlung. Auf der anderen Seite, also rechts vom Infrarot-Bereich (in Bild 2 nicht mehr dargestellt), folgen die extrem langwelligen Kurz-, Mittel- und Langwellen sowie die technischen Wechselströme.
Von diesem Gesamtspektrum der elektromagnetischen Wellen interessiert den Reptilienhalter nur der optische Strahlungsbereich; spezielles Thema dieser Artikelserie ist der schmale UV-B-Bereich.


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Bild 2: Diese Grafik hat mir freundlicherweise Dr. Frances Baines aus Wales zur Verfügung gestellt. Sie zeigt einen Ausschnitt aus dem so genannten optischen Strahlungsbereich der Sonnenstrahlung: das sichtbare Licht (etwa Mitte, visible light) wird eingerahmt in Richtung zu größeren Wellenlängen, also nach rechts hin, durch die Infrarot-Strahlung (infra red; sie erstreckt sich, was hier nicht dargestellt ist, bis zu einer Wellenlänge von 1 mm) und in Richtung kürzerer Wellen, also nach links, durch die kurzwelligere Ultraviolett-Strahlung (ultraviolet light). Die UV-Strahlung ist in die drei Bereiche UV-A, UV-B und UV-C unterteilt. Man sieht daraus, dass der UV-B-Bereich nur ein sehr schmaler Bereich des gesamten elektromagnetischen Spektrums ist.

Da sich die Sonnenstrahlung wie schon gesagt mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet (im Vakuum: 300.000 km/sec), muss ein direkter Zusammenhang zwischen der Lichtgeschwindigkeit und der Wellenlänge existieren: diese Verbindung ist durch die Schwingungsfrequenz gegeben. Es gilt folgender Zusammenhang:

Wellenlänge = Lichtgeschwindigkeit : Frequenz

So ist es logisch, dass die Frequenz einer Strahlung, die in Hertz (Hz; 1 Hz = 1 Schwingung je Sekunde) angegeben wird, umso größer ist, je kleiner ihre Wellenlänge ist. Die UV-Strahlung beispielsweise ist eine hochfrequente Strahlung.

Rechenbeispiel: welche Schwingungsfrequenz besitzt die UV-B-Strahlung bei 320 nm Wellenlänge?
Lösung: Frequenz = Lichtgeschwindigkeit : Wellenlänge =
= 300 x 106 (m/sec) / 320 x 10-9  (m) = 0,94 x 1015 (1/sec) = 0,94 x 1015 (Hz).
Im Vergleich dazu die Schwingungsfrequenz von elektrischem Strom: je nach Land nur 50 bzw. 60 (Hz).
 
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Energie eines Strahlungsteilchens und seiner Frequenz und damit auch seiner Wellenlänge: je kürzer die Wellenlänge ist (d.h. je höher die Frequenz), desto härter, und damit desto schädigender und durchdringender ist die Strahlung. Zu jeder Teilstrahlung gehört somit eine individuelle Intensität, also eine Leistung, die je nach ihrer Größe in Watt je Quadratmeter (W/m2 ) oder Mikrowatt je Quadratzentimeter (µW/cm2 ) angegeben werden kann. Beide Einheiten lassen sich leicht umrechnen,
                                                           denn 1 W/m2 ist 100 µW/cm2 .
Geht es um Werte für die Gesamt-Strahlungsleistung der Sonne, ist die größere Einheit W/mzweckmäßiger, für Intensitätsangaben aus dem engen UV-Bereich gibt die Dimension µW/cm2 handlichere Zahlen, wie wir später noch oft genug sehen werden.
 
Ein Spektrum gibt an, aus welchen Strahlungsanteilen es zusammengesetzt und wie die Stärke der Strahlung in den einzelnen Wellenlängenbereichen ist (siehe Bild 3). Es entsteht dadurch, dass die bei den verschiedenen Wellenlängen gemessenen Intensitäten über der Wellenlänge aufgetragen werden. Zur Messung werden so genannte Spektrometer verwendet (siehe Abschnitt 4.1).
 
Die Sonne emittiert ein kontinuierliches Spektrum ohne jegliche Lücken, d.h. es sind alle Wellenlängen vertreten; das Spektrum im Bereich der Sonne selbst bildet eine geschwungene, weitgehend gerundete Kurve, die an eine etwas verschobene Glockenkurve erinnert: die Intensität steigt von Null auf ein Maximum bei etwa 460 nm Wellenlänge an, um dann zu größeren Wellenlängen hin zuerst rasch und dann langsamer abzunehmen. Diese Energieverteilung der auf die äußere Atmosphäre der Erde aufprallenden Sonnenstrahlung kann man mit Hilfe von Erdsatelliten messen, sie lässt sich aber auch berechnen (Planck’sche Strahlungsformel).
 
Man darf sich das Sonnenspektrum also nicht etwa als gleichförmige Strahlung mit „ausgeglichenen“ Eigenschaften vorstellen; vielmehr besteht die Sonnenstrahlung aus einer unendlich großen Zahl ganz unterschiedlicher Einzelstrahlungen, die sich in Wellenlänge und Energie unterscheiden. Nur ein relativ kleiner Abschnitt aus dem Sonnenspektrum, das Licht (zwischen ca. 380 und ca. 780 nm), ist für das menschliche Auge sichtbar. Andere Strahlungen können wir fühlen, z.B. die Infrarot-Wärmestrahlung (Hinweis: neben der Infrarotstrahlung tragen auch die UV-Strahlung und das Licht zur gesamten Wärmestrahlung der Sonne bei), wieder andere können wir weder sehen noch fühlen.
Die Strahlung ist wellenförmiger Natur.
 
Bei der Energie (Intensität) der Sonnenstrahlung ist zu unterscheiden zwischen dem vollen, ungestörten Spektrum am äußeren Rand der Erdatmosphäre (extraterrestrisches Spektrum) und dem, was davon noch am Erdboden ankommt (terrestrisches Spektrum).
In der Erdatmosphäre werden nämlich Strahlungen teilweise unterschiedlich stark zurückgehalten (absorbiert), z.B. kürzere Wellenlängen durch die für uns so lebenswichtige Ozonschicht, längere durch den atmosphärischen Wasserdampf. Andere Strahlen werden in das Weltall zurückgestreut (derartige Streueffekte in der Lufthülle haben für uns Folgen, die so selbstverständlich sind, dass wir gar nicht mehr darüber nachdenken. Beispiele dafür: weil der kurzwellige blaue Anteil vor allem an den Luftmolekülen viel stärker gestreut wird als der langwellige rote Anteil, ist der Himmel blau; und weil Staub und Wassertröpfchen auch langwelliges Licht streuen, erscheinen uns die Wolken weiß; je mächtiger und größer die Wolken werden, desto dunkler erscheinen sie uns - weil das Sonnenleicht nun mehrfach gestreut wird). Die tatsächlich von der äußeren Sonnenstrahlung noch am Erdboden auftreffende (terrestrische) Strahlung, und nur die interessiert für die Schildkrötenhaltung, hat deutlich andere Eigenschaften als die extraterrestrische Strahlung. Die Strahlungsleistung am Boden bildet keine ideale geschwungene Kurve mehr wie noch im Bereich der Sonne, sondern eine scharf „gezackte“ Kurve mit mehreren markanten schmalen "Einbrüchen" bei bestimmten Wellenlängen (z.B. bei 430, 485 und 520 nm), aber nach wie vor mit einem deutlichen Intensitätsmaximum (Peak) im Bereich des sichtbaren Lichts, wie man aus Bild 3 gut erkennen kann. Der Grund für Letzteres ist, dass die sichtbare Strahlung beim Durchdringen der Erdatmosphäre weder qualitativ noch quantitativ nennenswert verändert wird.
 
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Bild 3: Sonnenspektrum vom 7. Juli 2007, gemessen um 12.03 Uhr bei 60,7 Grad Sonneneinfallswinkel und bei klarem Himmel. Standort ist ein Ort in Süd-Wales (UK) bei 51°49’ nördlicher Breite und 3°04’ westlicher Länge. Aufgetragen ist die Strahlungsintensität in µW/cm2 über der Wellenlänge in Nanometer (nm). Besonders hervorgehoben sind die uns besonders interessierenden UVB- und UVA-Bereiche (links) sowie der Bereich des sichtbaren Lichtes (visible light), hier bei 400 nm Wellenlänge beginnend. Grafik mit freundlicher Genehmigung von Frances Baines (www.uvguide.co.uk).
 

Je nach Messort, der Tageszeit und der Witterung und Bewölkung fallen Spektren unterschiedlich aus: bei klarem sonnigen Himmel ist z.B. die Strahlungsintensität deutlich höher als bei starker Bewölkung. Ein Sonnenspektrum, das im natürlichen Lebensraum unserer Landschildkröten in Süd- oder Südosteuropa im Sommer um die Mittagszeit aufgenommen wurde, sieht ganz anders aus als ein Spektrum aus Berlin, gemessen an einem bewölkten Vormittag im Herbst.
 
Trotzdem ist es möglich, dass ein an einem bestimmten Punkt der Erde gemessenes Sonnenspektrum auch für viele weit davon entfernte andere Ort gilt, allerdings nur dann, wenn zwei Voraussetzungen zutreffen:
1. Die Sonne steht an diesen verschiedenen Orten zum Zeitpunkt der Messung exakt gleich hoch am Himmel.
2. Die Wetterbedingungen sind an all diesen Punkten identisch, also beispielsweise überall Sonnenschein bei wolkenlosem Himmel oder überall gleich starke Bewölkung oder überall Regen.
Treffen beide Bedingungen zu, sind die Sonnenspektren gleich, unabhängig davon, ob der Messort am Äquator oder auf dem Nordpol oder in Bayern liegt.
Man wird an dieser Stelle vielleicht einwenden, dass die Sonne z.B. in Finnland gar nicht so hoch am Himmel stehen kann wie etwa in Afrika und die Spektren deswegen unterschiedlich ausfallen müssen. Doch dieser Gesichtspunkt wäre nur dann zu berücksichtigen, wenn die Spektren in Finnland und in Afrika gleichzeitig aufgezeichnet werden. Denn: auch am Äquator in Afrika steht am frühen Vormittag die Sonne nicht höher als beispielsweise in Bayern gegen Mittag oder in Finnland am frühen Nachmittag. Ist dann auch noch der Himmel gleich klar oder gleich stark bedeckt, erhält man tatsächlich gleiche Spektren.
 
Wie sich ein Sonnenspektrum für den gleichen Standort und bei unveränderten Wetterbedingungen während einer Tageshälfte verändert, veranschaulicht Bild 4.


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Bild 4: Fünf Sonnenspektren, aufgezeichnet zwischen Mittag (12.30 Uhr) und Sonnenuntergang (18.40 Uhr) am gleichen Standort und bei gleichen Witterungsbedingungen. Mit freundlicher Genehmigung von Frances Baines (www.uvguide.co.uk).
 

Die fünf Spektren in Bild 4 entstanden innerhalb von zwei Tagen, am 2. und 3. Mai 2007, bei unveränderten Wetterbedingungen.
Die oberste, ockerfarbene Kurve charakterisiert die Verhältnisse zur Mittagszeit: die Sonne steht zu diesem Zeitpunkt am höchsten und die Strahlungsintensitäten erreichen demzufolge bei allen Wellenlängen ihren Höchstwert. Die in Gelb angelegte Kurve darunter entstand zwei Stunden später, um 14.32 Uhr Ortszeit. Der Verlauf der Strahlungsintensität ist verblüffend ähnlich, nur das Niveau liegt etwas niedriger als um 12.30 Uhr. Die Lichtfarbe ist ebenfalls ungefähr gleich, d.h. die prozentuale Verteilung von UV-A, Violett, Blau, Grün, Geld und Rot (siehe dazu das nachfolgende Kapitel 2.3) ist weitgehend unverändert. Sobald jedoch die Sonne am späteren Nachmittag am Himmel deutlich fällt (blaue Intensitätskurve für 16.36 Uhr), verschieben sich die Proportionen merkbar. Genauer gesagt, die Intensitäten der Strahlungen für die kürzeren Wellenlängen (UBV-B, UV-A, Violett, Blau) fallen schneller ab als die für die längeren Wellenlängen (Gelb, Orange, Rot). Der Grund dafür ist, dass die Strahlung der nunmehr tiefer stehenden Sonne zunehmend dickere Schichten der Erdatmosphäre durchdringen muss; dabei werden die kürzeren Wellenlängen stärker absorbiert als die längeren. Dies ist besonders gut an der in hellem Lila gehaltenen untersten Kurve für 18.40 Uhr Ortszeit zu sehen: sie signalisiert sehr viel mehr Rot in der Lichtfarbe als Blau – der Sonnenuntergang ist nicht mehr fern.


2.3 Das Licht

Wie aus Abschnitt 2.2 hervorgeht, ist Licht ein vom menschlichen Auge wahrnehmbarer kleiner Teil der gesamten elektromagnetischen Sonnenstrahlung. Auch wenn Licht und Helligkeit nicht Hauptthemen dieses Artikels sind, möchte ich dennoch einige Ausführungen dazu machen: immerhin bringt Sonnenlicht - nicht nur für Landschildkröten (Bild 6) - Helligkeit und Wärme und ist daher für alles Leben von zentraler Bedeutung.

Oft sprechen wir im Zusammenhang mit der Besonnung bzw. Bestrahlung von Terrarien von Tageslicht, das im Freien genau genommen ein Gemisch aus Sonnen-, Himmels- und Wolkenlicht ist. Tageslicht ist also recht schwer zu definieren, weil es stark von saisonalen, tageszeitlichen und wettbedingten Veränderungen abhängt. Entsprechend ändert sich auch die Spektralverteilung ständig: ein „richtiges“ Tageslicht gibt es im Grunde eigentlich gar nicht.

 

Aus dem Schulunterricht ist uns vielleicht noch in Erinnerung, dass ein Lichtstrahl, wenn er auf ein Glasprisma fällt, aus diesem nicht mehr als weißes Gemisch austritt, sondern in folgende Spektralfarben zerlegt wird; in Klammern dazu die jeweiligen - ungefähren - Wellenlängenbereiche in Nanometer (nm):

 

  ·        violett   (390 – 420 nm)
  ·        blau      (420 – 490 nm)
  ·        grün     (490 – 575 nm)
  ·        gelb      (575 – 585 nm)
  ·        orange  (585 – 650 nm)
  ·        rot        (650 – 760 nm)

Diese Farben sind in Bild 2, 3 und 4 den jeweiligen Wellenlängen zugeordnet, wobei sich die Farben etwas "überlappen“; die Bereichsgrenzen sind nicht absolut fest. In jedem Längenbereich hat das farbige spektrale Licht eine andere Intensität (Energie). Deswegen werden die Wellen auch beim Durchgang durch ein Prisma unterschiedlich stark abgelenkt. Lässt man die entstehenden Einzelfarben anschließend wieder durch eine Linse treten, tritt hinter ihr wieder das ursprüngliche Weiß aus.

Das Gemisch von bunten Lichtwellen kennen wir übrigens auch vom Regenbogen her (Bild 5): bei ihm übernehmen die kleinen Wassertröpfchen die Funktion eines Glasprismas und spalten Licht in seine Einzelbestandteile.

 

RegenbogenkleinBild 5: Auswirkung eines optischen Gesetzes, das jeder von uns in seinem Leben schon oft gesehen und vielleicht sogar bewundert hat: der Regenbogen. Fallen die Lichtstrahlen der Sonne auf Regentröpfchen, werden sie wie beim Durchgang durch ein Prisma in ein Farbband (Farbspektrum) zerlegt. Violett wird dabei am stärksten, rot am schwächsten abgelenkt. Die Farben des Spektrums sind rot, orange, gelb, grün, blau und violett. Wie diese Aufnahme zeigt, sind die Farben nicht scharf voneinander getrennt, sondern gehen allmählich ineinander über. Foto vom Autor.
 

 

 

 

 

 
Das menschliche Auge tut sich mit Unterscheidungen unterschiedlicher Lichtstrahlen sehr schwer – es ist einfach kein zuverlässig anzeigendes „Messinstrument“, zumal einige Mitmenschen einzelne Farben gar nicht erkennen können. Einige Beispiele: auch ein (künstliches) Lichtgemisch, das nur aus rotem, grünem und blauem Licht besteht, erscheint uns weiß, obwohl es ganz andere Eigenschaften als das Sonnenmischlicht hat. Wir merken im Allgemeinen auch nicht, dass das Licht im Schatten bläulich ist oder dass künstliches Licht mehr gelb als Sonnenlicht ist. Wie sehr sich das menschliche Auge täuschen kann, verdeutlicht folgendes Beispiel: fahren wir nachts Auto, erscheinen die von vorn auf uns zufahrenden und im Rückspiegel die normalen Lichtscheinwerfer der uns folgenden Fahrzeuge weiß; kommt jedoch ein Fahrzeug mit Halogen-Scheinwerfern mit seinem bläulichen Licht hinzu, erscheint uns das Licht der anderen Auto-Schweinwerfer plötzlich gelb.

 
Weil sich das Auge täuschen lässt und weil wir Licht, auch das von Lampen abgegebene, „für den Hausgebrauch“ in der Regel nicht selbst messen können, wird Licht in der Physik durch eine Reihe von Größen beurteilt. Die uns für unser Hobby am meisten interessierenden Größen sind:
a) Farbtemperatur [K]: die Farbe des Lichts eines Strahlers wird als Farbtemperatur angegeben. So hat gelbes Licht z.B. 2.000 K (Grad Kelvin), weißes Licht 5.000 K und bläuliches Licht 8.000 K. Die sonnenlichtähnliche Strahlung (Tageslicht) hat 4.000 – 6.500 K, der blaue Himmel 20.000 K. Für eine typische Glühlampe ist 2.800 K ein üblicher Wert, für Quecksilberdampf-Hochdrucklampen 2.900 – 4.200 K.
b) Farbwiedergabewert [Ra]: dieser Wert gibt an, wie gut (wie echt) ein Lampenlicht genau festgelegte Standardfarben im Vergleich zur Sonnenstrahlung aussehen lässt. Mit echter Sonnenstrahlung wird gemäß Definition der höchste Farbwiedergabeindex von 100 erreicht (übrigens auch mit dem Licht einer Glühbirne). Für die Reptilien-Innenhaltung empfehlen sich Lichtstrahler mit möglichst hohem Ra-Wert.
c) Beleuchtungsstärke [Lux]: dieser in der Schildkrötenliteratur oft zu findende Wert bewertet die Helligkeit von Licht und gibt an, wie viel Licht auf eine Fläche auftrifft. So werden bei klarem Sonnenschein im Sommer am sonnenbeschienenen Boden bis 100.000 Lux gemessen, bei bewölktem Himmel im Sommer aber nur 13.000 – 20.000 Lux, unter Bäumen und Sträuchern nur ungefähr 1500, an einem trüben Tag im Winter 400 – 500, bei Dämmerung etwa 50 und in einer Vollmondnacht lediglich 1 Lux. Für die Bürobeleuchtung strebt man rund 500 Lux an.
 
Es gibt in der Physik des Lichts noch weitere Messgrößen, wie den in Lumen (lm) angegebenen Lichtstrom, die Lichtmenge, die in der Einheit Candela angegebene Lichtstärke und die Leuchtdichte. Ein näheres Eingehen auf diese Größen unterbleibt, weil es in diesem Artikel nicht um die Bewertung von Strahlern geht, die sichtbares Licht und Wärme erzeugen.

 

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Bild 6: Landschildkröten wollen es nicht nur hell und nicht nur warm, sondern beides gleichzeitig. Nur dann entwickeln sie richtigen Appetit und erst dann ist ihr Verdauungssystem in der Lage, das Gefressene zu verdauen. Im Bild ein maurisches Schildkrötenpaar des Autors (rechts das Weibchen) der Unterart Testudo graeca ibera, das sich im Außengehege zwischen den Pflanzen sonnt. Bisher war weitgehend unbekannt, in welchem Ausmaß das Sonnen auch der Aufnahme von UVB-Strahlung dient. Dieser Frage wird im Verlauf dieses Artikels nachgegangen. Foto vom Autor. 

2.4 Zusammenfassung Kapitel 1 und 2

Als Fazit zu den bisherigen Ausführungen kann man festhalten, dass die Sonne seit ihrer Entstehung elektromagnetische Strahlen aussendet, die wellenförmiger Natur sind und die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Diese Strahlung ist ein Gemisch aus einer unvorstellbaren großen Zahl von Einzelstrahlen mit jeweils unterschiedlichen Wellenlängen (bzw. Frequenzen). Zu jeder Wellenlänge gehört eine gewisse Strahlungsintensität (Energie). Die für uns wichtigste Teilstrahlung des elektromagnetischen Spektrums ist das sichtbare Licht, weil es die Grundvoraussetzung für das Leben auf der Erde ist. Ein anderer Bereich des solaren Strahlungsgemisches ist der Ultraviolett-Bereich, eigentliches Thema dieser Artikelserie. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass die Sonnenstrahlung beim Durchgang durch die Erdatmosphäre teilweise erheblich verändert wird. So wird z.B. - ein für uns Menschen sehr glücklicher Umstand - durch das atmosphärische Ozon die gefährlichste UV-Teilstrahlung (UV-C) praktisch ganz zurückgehalten, während andererseits Licht nahezu unverändert durchgeht.
 
Das Sonnenspektrum am Erdboden ist ein so genanntes kontinuierliches Spektrum, in dem es keine Lücken gibt; alle Wellenlängen sind vorhanden. Die Natur, Fauna wie Flora, ist daran seit Langem angepasst. Würde man die Sonnenstrahlung durch einen künstlichen Strahler ersetzen, dessen Spektrum Lücken aufweist, weil es aus nur wenigen „Banden“ besteht (Linienspektrum), kann dies auf Organismen eine ganz andere physiologische Wirkung haben als natürliches Sonnenlicht – selbst dann, wenn die gemessene Lichtintensität die gleiche wäre.
 
Nur der Vergleich eines Sonnenspektrums mit dem Vollspektrum einer Bestrahlungslampe (für Terrarien) erlaubt schon auf den ersten Blick eine Aussage darüber, wie naturnah bzw. naturfremd das Licht einer Lampe oder einer Leuchtstoffröhre ist. Auch die beste und teuerste Terrarienlampe ist zurzeit nicht in der Lage, eine dem natürlichen Tageslicht voll entsprechende Licht- bzw. Wärmestrahlung abzugeben, auch wenn die eine oder andere Werbeaussage von Herstellern genau diesen Anschein erweckt. Denn Lampenspektren sind, wie wir aus Bild 7 ersehen, Linienspektren mit nur wenigen Einzel-Spektrallinien (Banden). Liegen dann derartige Banden nicht konzentriert im Wellenlängenbereich von 440 – 540 nm (Maximum des Sonnenlichts, siehe Bild 3 und 4), kann man das erzeugte künstliche Licht auch nicht als sonnenähnlich bezeichnen.  

 

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 Bild 7: Spektrum einer modernen Mischlichtlampe, die häufig zur Wärme- und UVB-Bestrahlung von Landschildkröten verwendet wird. Hersteller, Lampentyp und elektrische Leistung sind bewusst nicht angegeben. Mit freundlicher Genehmigung von testudolinks.de (Sarina Wunderlich).

 

 

 

Bild 7 ist das Spektrum einer typischen Mischlichtlampe der gehobenen Preisklasse, wie sie heute vom Terraristik-Fachhandel angeboten wird. Bei einer Mischlichtlampe handelt es sich um eine Kombination aus Glühlampe und Quecksilberdampf-Hochdrucklampe in einem gemeinsamen Glaskolben. Diese Lampen sind mit einem E27-Sockel ausgestattet und werden deswegen wie eine Glühlampe direkt in die normale Standard-Fassung eingeschraubt. Ein Vorschaltgerät ist nicht erforderlich.

Die Unterschiede zum Spektrum des natürlichen Sonnenlichts sind schon beim ersten Vergleich der Bilder 3 und 4 mit Bild 7 unverkennbar: zwar weist das Spektrum der Lampe im sichtbaren Lichtbereich bei etwa 410, 440, 545 und 575 nm Wellenlänge stark ausgeprägte, allerdings nur sehr schmale Intensitätsmaxima (Peaks) auf, doch schon bei wenig kleinerer bzw. größerer Wellenlänge fällt die Strahlungsintensität praktisch wieder auf Null. Dagegen ganz anders die Sonnenstrahlung: das Sonnenlicht weist ein kontinuierliches Spektrum mit relativ hohen Strahlungsintensitäten bei praktisch allen Wellenlängen auf, wenn auch auf leicht abfallendem Niveau in Richtung zu größeren Wellenlängen (siehe Bild 3 und 4).

 

2.5 Glühlampen in der Schildkröten-Terraristik, ja oder nein?

Glühlampen kommen für die UV-B-Versorgung von Reptilien nicht in Frage, weil sie keine UV-B-Strahlen abgeben.
Doch an dieser Stelle erscheint es angebracht, ihre Eignung als Terrarienlampe zur Erzeugung von Helligkeit und Wärme sachlich zu betrachten. Bevor ich mich im Rahmen dieser Serie intensiver mit Bestrahlungslampen und ihren Eigenschaften befasste, war ich noch geneigt, die einfachen und preiswerten „Glühbirnen“ zum Preis von etwa 50 Cents und weniger, die seit September 2009 nach und nach in Deutschland den Energiesparlampen weichen müssen (in Australien dürfen Glühlampen schon ab Oktober 2009 nicht mehr verkauft werden), nicht für die Landschildkröten-Bestrahlung zu empfehlen.
Der dünne Wolframdraht der Glühlampen wird beim Stromeinschalten auf eine Temperatur von rund 2.800 K gebracht. Wie die Sonne wirkt also auch die Glühlampe als Temperaturstrahler, allerdings mit einer sehr schlechten Lichtausbeute (höchstens 20 Lumen/Watt). Höchstens 15 % der elektrischen Leistung wird in Licht umgewandelt, der Rest ist Wärme – im normalen Haushalt also ein großer Verlust. Doch im Schildkröten-Terrarium ist die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Helligkeit ein Vorteil, ja geradezu ein Muss, was bei einer Eignungsbewertung dieses Leuchtmittels zu berücksichtigen ist. Dazu kommt, dass das Infrarot-Licht der Glühlampe als therapeutisch besonders wertvoll gilt (Wunsch, 2007). Eines steht jedenfalls fest: es gibt heute kaum ein anderes Leuchtmittel, das ein dem Sonnenlicht ähnlicheres Spektrum erzeugt als die „alte Glühbirne“. Sie sendet eine hochwertige und vor allem naturnahe Strahlung mit homogener Farbverteilung aus, ihr Licht ist angenehm warm-weiß und flimmert nicht, die Farbwiedergabe ist besser als beispielsweise bei dem weißer erscheinenden Licht einer Quecksilberdampf-Lampe. Doch obwohl das Glühlampenlicht ein quasi kontinuierliches Spektrum wie das Sonnenlicht zeigt, gibt es in den einzelnen Bereichen wegen der unterschiedlichen Farbtemperaturen (Sonne: ca. 5.800 K, Glühlampe: nur ca. 2.800 K) dennoch gewisse Unterschiede bei der Spektralverteilung: der Blaubereich bei niedrigeren Wellenlängen ist bei der Glühlampe schwächer vertreten als bei der Sonne, der Rotbereich (höhere Wellenlängen) dagegen stärker.
 
Dennoch ist Glühlampenlicht sonnenähnliches Licht und eignet sich meiner Meinung nach gut zur Bestrahlung von Landschildkröten, auch Schildkröten-Babys: sinnvoll ist die Verwendung von klaren „Glühbirnen“ zwischen 60 und 100 Watt Leistung (die Strahlung muss dabei durch einen Reflektor bzw. Lampenschirm nach unten gelenkt werden) in Kombination mit einer UV-Lampe. Letztere kann dann entfallen, wenn die Tiere in der wärmeren Jahreszeit regelmäßig zur natürlichen UV-B-Versorgung ins Freie gebracht werden (Köhler, 2008). Wird das Gehege durch eine einzelne Glühlampe nicht genügend erhellt und erwärmt, sind zwei Glühlampen vorzusehen, beispielsweise 1 x 75 W (über dem Sonnenplatz der Tiere) und 1 x 60 W (im übrigen Bereich). Natürlich ist die Lebensdauer der Glühbirne mit ungefähr 1.000 Betriebsstunden nicht besonders hoch, was jedoch durch den niedrigen Preis wieder wettgemacht wird. Immerhin kostet ein so genannter Reptilien-Spotstrahler mit 2.000 Stunden Lebensdauer, dessen Licht auch nicht besser als das der Glühbirne ist, rund 10 €.
 
Fazit: gegenüber den Energiesparlampen mit ihrem naturfremden Lichtspektrum haben Glühlampen eine sehr gute, sonnenähnliche Lichtqualität; alle Lichtfarben kommen relativ ausgewogen vor. Es gilt eben immer wieder: maßgebend für die optimale Haltung von Landschildkröten ist die Situation im natürlichen Verbreitungsraum. Und da braucht sich die Glühlampe durchaus nicht zu verstecken.