Im Alter von erst 58 Jahren ist am 8. Mai 2016 der bekannte deutsche Schildkröten-Experte und langjährige Schriftleiter der im Natur und Tier-Verlag, Münster, erscheinenden Schildkrötenzeitschrift Marginata verstorben. Vor seiner Tätigkeit für den Natur und Tier-Verlag war er Fachverkäufer in der Zooabteilung von Zoo Zajac, Duisburg.

Von ihm stammen unzählige populärwissenschaftliche und wissenschaftliche Veröffentlichungen. Dank seines großen Spezialwissens war er ein gern gesehener Referent und Gast bei Schildkrötentagungen im In- und Ausland. Dabei lag er nicht immer mit seinen Thesen und Vorschlägen zur zugegebenermaßen recht komplizierten Schildkröten-Systematik richtig: man denke nur an auch die von ihm um 2007 vertretene Meinung, dass die drei (früheren) Unterarten Testudo hermanni hermanni, T. h. boettgeri und T. hermanni hercegovinensis in eine neue Gattung, nämlich Eurotestudo, überzuführen sind, was sich freilich in der Herpetologie nicht durchsetzte.

Er gab sein Wissen gerne und vielfach an ihm bekannte, weniger erfahrene Schildkröten-Liebhaber und auch an Autoren weiter. So stellte er mir, der mich als gelegentlichen Autor für Marginata kannte, für mein Schildkrötenbuch "Aufzucht europäischer Landschildkröten-Babys" (siehe Rubik "Schildi-Buch") nicht nur einige Schildkrötenfotos zur Verfügung, sondern sah auch das Hauptkapitel "Arten, Bezeichnungen, Vorkommensgebiete" kritisch durch.

Mit dem Tod von Hans-Dieter Philippen verliert die Welt einen äußerst engagierten und kompetenten Fachmann für Schildkröten und Fachautor auf diesem Gebiet. Er hinterlässt zweifellos eine große Lücke.

Horst Köhler (online gestellt am 14. Mai 2016)


Wissenschaftler des Senckenberg-Forschungsinstitutes in Dresden haben mit genetischen Methoden herausgefunden, dass sich die in Europa eingeschleppte Rotwangenschmuck-Schildkröte auch außerhalb des Mittelmeerraumes vermehrt. Die ursprünglich aus Nordamerika stammende Schildkröte stellt eine massive Bedrohung für die heimische Schildkrötenfauna dar und sollte laut den Autoren der kürzlich im Fachjournal „Conservation Genetics“ veröffentlichten Studie in Europa abgefangen werden.
Die Rotwangenschmuck-Schildkröte (Trachemys scripta) ist die am weitesten über ihren natürlichen Lebensraum verbreitete Art weltweit.

rotwangenschmuckschildkrote klein

Ursprünglich stammen die bis zu 30 Zentimeter langen Panzerträger (siehe Bild) aus den südöstlichen USA – heute kann man die Tiere aber auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis und einiger ozeanischen Inseln antreffen. „Man findet die Schildkröten praktisch in allen europäischen Ländern in der freien Natur“, erklärt Dr. Melita Vamberger von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden und fährt fort: „Die Reptilien wurden durch den Tierhandel so weit verbreitet.“

Die Art gilt als Gefahr für einheimische Schildkröten, weil sie mit diesen in direkter Konkurrenz bezüglich Nahrung, Nist- und Sonnenplätze stehen. Zudem sind die eingeschleppten Reptilien potentielle Überträger von Parasiten und anderen Krankheitserregern. Seit den 1990er Jahren ist der Import der beliebten Haustiere mit den kräftig orangenen bis roten Schläfenstreifen nach Europa verboten. „In einigen Ländern, besonders in den Balkanstaaten und im südlichen Europa blüht der illegale Handel aber weiterhin“, ergänzt Vamberger und fährt fort: „Ob die Art innerhalb Europas invasiv werden kann war aber lange ungeklärt.“ Bisher wurde die erfolgreiche Fortpflanzung und Etablierung der Tiere nämlich nur im Mittelmeerraum nachgewiesen.

Das slowenisch-deutsche Wissenschaftlerteam rund um Dr. Vamberger und den Dresdener Senckenberg-Direktor Prof. Dr. Uwe Fritz hat nun anhand genetischer Untersuchungen gezeigt, dass sich die Schildkröten auch in Slowenien vermehren. Die Biologen haben Proben von 77 Schildkröten an drei Standorten genommen und konnten zeigen, dass sich die Reptilien in allen untersuchten slowenischen Gebieten fortpflanzten. „Wir haben die Standorte nach ihren klimatischen Unterschieden ausgesucht“, erklärt Fritz und ergänzt: „Leider können sich die Rotwangenschmuck-Schildkröten auch nahe Ljubljana verbreiten – in einem gemäßigten, kontinentalen Klima.“ Die Forschenden konnten so zum ersten Mal genetisch nachweisen, dass sich Trachemys scripta auch außerhalb des Mittelmeergebiets mit seinem mediterranen Klima vermehren kann. Rund um Ljubljana wurden zwar weniger miteinander verwandte Tiere gefunden als in den wärmeren Regionen, was darauf hindeutet, dass die Schildkröten sich hier seltener fortpflanzen.

„Wahrscheinlich werden in Stadtnähe aber auch mehr Tiere mit neuem Genmaterial ausgesetzt. Dies führt dann zwangsläufig zu weniger verwandten Tieren“, gibt Vamberger zu bedenken.
Aufgrund des Ausbreitungspotentials über den Mittelmeerraum hinaus und der potentiellen Bedrohung heimischer Arten sollten die Schildkröten laut den Dresdner Biologen als invasiv eingestuft werden. „Wir empfehlen zudem die Rotwangenschmuck-Schildkröte mindestens in Lebensräumen mit heimischen Arten abzufangen und so eine Verbreitung der invasiven Art und einer Verdrängung der ursprünglichen Arten zu vermeiden“, schließt Fritz.

Text und Foto: Senckenberg-Forschungsinstitut Dresden, Pressestelle

Dieser Beitrag wurde am 22. Januar 2016 online gestellt.

Durch zahlreiche Spenden von Privat, Firmen und Institutionen konnte bereits in der Vergangenheit eine  drohende Insolvenz der Reptilien-Auffangstation abgewendet werden, siehe auch die Meldung "Münchner Reptilien-Auffangstation vorerst gerettet" vom 13. Oktober 2012 auf Seite 2 dieser Rubrik. Der Münchner Verein, dem zur Unterbringung der immer mehr werdenden Reptilien schon seit langem der dafür nötige Platz fehlt, hatte sogar durchaus realistisch erscheinende Expansionsabsichten und ist in diesem Zusammenhang auch finanzielle Verpflichtungen und Zusagen anderer Art eingegangen. Doch nun droht, wie aus nachfolgender Presseverlautbarung hervorgeht, durch eine unerwartete politische Entscheidung bzw. Rückzieher des Freistaats Bayern erneut das baldige Aus, was außerordentlich bedauerlich wäre.
Der erste Absatz der Presseverlautbarung der Münchner Auffangstation lautet wie folgt:

"Mit der Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung vom vergangenen Donnerstag (3.12.2015), den Finanzierungsbedarf für den Bau einer neuen Reptilienauffangstation noch einmal neu verhandeln zu wollen, hat der Freistaat in Wirklichkeit einen radikalen Schlussstrich unter die Debatte gezogen. Denn aufgrund der bisherigen, vermeintlich gut verlaufenden Gespräche ist die Auffangstation für Reptilien, München e.V. zuletzt finanzielle Verpflichtungen eingegangen, die sie nun nach der klaren Absage des Landtags faktisch nicht mehr erfüllen kann. Spätestens im Frühjahr 2016 droht dem Verein damit die Insolvenz. Kann das Geld bis dahin nicht anderweitig aufgebracht werden, verlieren mehr als 1.000 Tiere ihr Zuhause. Auch 15 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel."

 

Dieser Beitrag wurde am 10. Dezember 2015 online gestellt.

 

Ich traute meinen Augen nicht, als ich in der aktuellen Ausgabe der Augsburger bzw. Friedberger Allgemeinen vom 10./11. Oktober 2015 die hier im Ausriss wiedergegebene Kleinanzeige in der Kleinanzeigen-Rubrik „Tiermarkt“ las. Um 35 Euro inclusive EU-Bescheinigung bot ein Züchter aus meiner Region seine Landschildkröten-Nachzuchten aus dem aktuellen Jahrgang 2015 an. Dabei darf angenommen werden, dass beim (zu empfehlenden) Erwerb von mehr als nur einem Tier noch ein Nachlass gegeben wird. Dann liegt der Preis je nach abgegebener Menge bei rund 30 Euro und noch weniger.

Die Preisangabe ist nicht etwa ein Tipp- oder Schreibfehler, sondern schon so gemeint.


Zunächst einmal: ich weiß nicht, was andere Schildkrötenzüchter denken, aber ein streng geschütztes Wildtier mit der großartigen Faszination, Symbolik und einer derart alten Kulturgeschichte wie die der Landschildkröte hat es nicht verdient, wie auf einem Flohmarkt verramscht zu werden, und damit zu verkommen. Wenn dies Schule macht und dem schlechten Beispiel andere Züchter folgen, ist die Landschildkröte bald ein Tier ohne Wert, um das man sich nicht viel kümmern und sorgen muss, denn für wenig Geld gibt es ja nunmehr Ersatz. An solche Zeiten erinnern sich die Älteren unter uns, als vor etwa 60 Jahren die Zoohandlungen ausgewachsene, frisch aus den südeuropäischen Herkunftsländern exportierte Landschildkröten für einen Preis von 3 bis 4 Mark (heute: 1,50 bis 2 €) verkauften.

PA111373 kleinSchildkröten-Anzeige aus der Rubrik „Tiermarkt“ der Augsburger Allgemeinen vom 10./11.10.2015. Die Telefonnummern der Kleinanzeigen für Schildkröten sind von mir unkenntlich gemacht.Im Internet bietet dieser Züchter seine Nachzuchten sogar für 30 € an und verkauft sie auch noch im Dezember und Januar.

Foto von Horst Köhler.







Zweitens, ich wundere mich sehr, wie der inserierende Züchter auf seine Kosten kommt – und frage mich schon, ob er nicht an irgendeiner Stelle "trickst", um einen härteren Begriff zu vermeiden. Wenn ich für meine Nachzuchten nur 35 Euro verlangen würde, würde für mich folgende Rechnung gelten:

Von den 35 € gehen zunächst 19 % Umsatzsteuer an das Finanzamt, bleiben noch 29,41 €.

Davon muss ich 5 - 6 € für die EU-Bescheinigung abziehen, Rest also noch etwa 24 €.

Bei meinen Steuersatz von rund 30 % verbleiben mir nach Abzug der Einkommensteuer 18,46 Euro je Tier an Nettoeinnahmen. Verkaufe ich mehr als eine Jungschildkröte an einen Käufer, ist es noch weniger.

Auf der Gegenseite der Rechnung stehen die Aufwendungen. Dies sind Strom- und Futterkosten, Tierarztkosten (z.B. für den Nachweis, dass der Kot der Jungtiere frei von Parasiten ist), Fotokosten, Portokosten, Telefonkosten und die nicht gerade billigen Anzeigenkosten in der örtlichen Tageszeitung. Manche mögen finanztechnisch auch noch die Elterntiere abschreiben, aber das widerstrebt mir: Tiere sind für mich keine Sachen und die Schildkrötenzucht keine Einnahmequelle zur Lebenssicherung, sondern ein schönes Hobby.

 

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Selbst wenn ein Züchter nur eine eher überschaubare Zahl von jährlich geschlüpften Landschildkröten anbietet und aus Platzgründen verkaufen muss, wird dies bei einem Preisverfall nicht einfach, weil viele Käufer leider ausschließlich nach dem Preis kaufen und am liebsten noch weniger zahlen würden als 35 €. Im Bild die aktuelle Jahresnachzucht des Autors dieses Beitrags, aufgenommen MItte September. Es versteht sich von selbst, dass so viele Tiere vom Züchter nur vorübergehend für eine Zeitdauer von wenigen Monaten in einem Katzen-WC gehalten werden - und ab März durch den Verkauf ständig weniger werden. Foto: Horst Köhler.

Ich werde es mir in den nächsten Monaten sehr gut überlegen, ob ich mir den Aufwand für meine Zucht (siehe obiges Bild) und den Verkauf bei diesem (zumindest in meiner Region) verfallenden Preisen noch länger zumuten soll. Wohin außerdem mit den aus Preisgründen unverkäuflichen Nachzuchten?


Ob dem erwähnten Züchter bewusst ist, dass er mit seinen Schleuderpreisen nicht nur seine viele Züchterkollegen vor den Kopf stößt und ihnen schadet, sondern auf lange Sicht selbst jenen Schildkrötenfreunden, die sich Jungtiere kaufen? Klar, die Kunden freuen sich, dass sie so günstig zu Schildkröten kommen, doch wie entwickelt sich der Markt auf lange Sicht weiter?

Wenn weitere Züchter wegfallen, was dann? Die Käufer müssen längere Anfahrtstrecken zum nächsten Züchter auf sich nehmen, haben also weniger Auswahl. Bei einem solchen Szenario dürfte sich der Preis bald wieder nach oben entwickeln. Aber dann ist es zu spät, weil viele Züchter die Gelege nicht mehr ausbrüten und möglicherweise ihre Zuchttiere abgegeben haben.

Wollen wir das alles wirklich?

Dieser Beitrag von Horst Köhler wurde am 11. Oktober 2015 online gestellt.

Seit dem 16. Oktober 2015 ist er außerdem im Internetportal Testudowelt zu lesen.

 

 

Nachtrag:
Aufregung um obigen Artikel

Seit dem 11. Oktober 2015 ist mein oben stehender Beitrag online. Obwohl ich ausdrücklich um Kommentare hierzu eingeladen hatte, ist bis heute kein einziger eingetroffen. Ich habe deshalb heute den Hinweis auf Diskussionsbeiträge wieder entfernt.

 

Ganz anders waren die Reaktionen im Netz. Der gleiche Beitrag erschien eine Woche später im Internet-Medium TestudoWelt.de mit der Möglichkeit für Leser, Kommentare dazu sofort online zu stellen. Das wurde auch getan, doch mit welchem Niveau ! Da wurde mir beispielsweise von Personen, die weder mich persönlich noch offensichtlich meine Publikationen kennen und noch nie mit mir korrespondiert haben, vorgeworfen, ich würde mich am Verkauf meiner Nachzuchten bereichern – als ob man beim Verkauf von 20 – 25 Nachzuchten im Jahr zu angebrachten Preisen bei den anfallenden Ausgaben einen hohen Gewinn machen kann, zumal wenn, wie bei mir, noch Steuern abzuführen sind. Mehrere Züchter, musste ich erfahren, geben ihre Tiere für weniger als € 35 ab oder verschenken sie sogar. Ich halte dies nach wie vor für falsch und, wie bereits in meinem Artikel begründet, dem Hobby undienlich und den Landschildkröten unwürdig.

Ich muss es hinnehmen, dass Schildkröten-Nachzuchten zu Schleuderpreisen abgegeben („verramscht“) oder gar verschenkt werden. Aber genauso erwarte ich, dass auch meine Auffassung von einem Mindestpreis um 50 € toleriert wird. Schließlich leben wir hier in einem freien Land mit Meinungsfreiheit.

 

Bild 1: Harmonisches Bild "auf Tuchfühlung": bis auf das Jungtier rechts haben sich alle übrigen Nachzuchten die PC051526 kleingleiche Ecke in der Hälterungsschale zum Schlafen ausgesucht. Verstoß gegen das Tierschutzgesetz?

 

 

 

 

Kritisiert wird auch, dass ich meine zum Verkauf gedachten Nachzuchten in einem Katzen-WC aus Plastik und auf Holzschnitzeln (letzteres stimmt übrigens nicht) halte. Deswegen wird mir sogar ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz unterstellt.

Ja, warum denn kein leicht zu reinigendes und damit hygienisches und überdies jederzeit für eine Stunde oder zwei an die spätherbstliche Sonne zu bringendes Plastikbehältnis, solange die Temperatur stimmt? Dies ist besser als die Verkaufstiere in einem Terrarium mit überhitztem, ungesunden Klima und womöglich bei überstarker UVB-Bestrahlung unterzubringen. An Platzmangel leiden selbst 20 Schlüpflinge in einer z.B. 50 oder 60 cm großen Kunststoff-Wanne nicht; sie würden sich sonst nachts in der Wanne verteilen und nicht alle ausgerechnet in der gleichen Ecke schlafen (Bild 2). Es handelt sich schließlich nicht um ein Set-up auf Dauer, da die Tiere vor ihrer Einwinterung, und dann gleich wieder danach, ständig verkauft und damit immer weniger werden. Natürlich empfehle ich meinen Kunden nicht, auf Dauer mehrere Tiere auf diese Weise unterzubringen, aber für zwei oder drei Schlüpflinge ist diese Lösung für die ersten Lebensmonate völlig ausreichend - bis dann, um einige Haltungserfahrungen reicher geworden, ein - hoffentlich nicht zu kleines - Terrarium oder, besser, ein oben offenes Holz-Innengehege angeschafft wird.

 

IMG 3968 kleinBild 2: Wild lebender Schlüpfling von Testudo graeca (Maurische Landschildkröte), gefunden und fotografiert am 20. November im natürlichen Lebensraum. Die paar sonnigen Mittagsstunden nutzte das Tier zum Aufwärmen, bevor es wieder im Pflanzendickicht verschwand.

 

 

 

Meine Kritiker werfen mir weiterhin vor, noch im Oktober Schlüpflinge zu verkaufen. Auch hier die Frage: warum eigentlich nicht? Wer die Mühe und vor allem die Kosten nicht scheut, lange nach der Saison in die natürlichen Vorkommensgebiete zu reisen, wird dort bei genauem Hinsehen nicht nur im Oktober, sondern noch im November und Anfang Dezember Jungtiere finden, selbst wenn sie nur einige Stunden am Tag aus ihren Verstecken kommen (Bild 2). Es ist doch ein Vorteil, wenn Jungtiere im ersten Schlupfjahr durch eine Haltung bis in den Dezember hinein noch das eine oder andere Gramm an Gewicht zunehmen und dadurch besser für die Winterpause gerüstet sind. Also, wenn meine Kunden damit nicht unzufrieden sind, wenn ihre im Oktober gekauften Jungschildkröten nur zwei oder drei Stunden am Tag aktiv sind - dies muss man natürlich den Neueinsteigern erklären und sie auch noch später beraten - dann steht einem Kauf im Oktober nichts, aber auch gar nichts entgegen. Selbst heute, immerhin am 6. Dezember, entdecke ich in der Augsburger Allgemeinen noch Verkaufsanzeigen für Schlüpflinge, im Internet ohnehin „ganzjährig“. Zur Beruhigung meiner Kritiker: ich selbst habe seit Ende Oktober keine Schildkröten mehr verkauft und werde dies erst wieder Anfang März tun. Aber, und das wird sicherlich wieder einen Aufschrei in der Internet-Schildkrötenszene nach sich ziehen: ich hatte meine Schlüpflinge in ihrer Kunststoffschale auch heute (6. Dezember) wieder für ca. 1 1/2 Stunden an der spätherbstlichen Sonne auf unserem Terrassentisch im Freien. Denn keine noch so teure Bestrahlungslampe kann das für Schildkröten so wertvolle Sonnenstrahlungsgemisch erzeugen...

 

Ein Anrufer informierte mich vor einigen Tagen, dass in einem Internet-Forum, natürlich anonym, mit Halbwahrheiten und Erfundenem gegen mich aufgewiegelt wird. Auch da ist wieder von „Gewinnmaximierung“ beim Verkauf von Schlüpflingen die Rede (siehe oben) und von der angeblich unzulässigen Haltung in flachen Plastikbehältern - wo ich doch eine Vorbildfunktion hätte. Bedenklich findet man dort außerdem, dass ich als Züchter ein Schildkrötenbuch über die Aufzucht europäischer Landschildkröten-Babys geschrieben habe und im Eigenverlag vertreibe. Im Ernst: wer sonst als ein erfahrener Schildkrötenzüchter, der nicht nur einfach seine Nachzuchten los werden will, sondern gründlich nachverfolgt hat, warum (nach einer früheren Information der Unteren Naturschutzbehörde) bei den Haltern die meisten Schlüpflinge nicht älter als drei Jahre werden, hat die Authorität, ja sogar die Pflicht, ein derartiges Buch mit zahlreichen Ratschlägen zu verfassen? Wer bei mir beim Erwerb eines Schlüpflings das für seinen Umfang und seine Ausstattung ohnehin schon preisgünstige Buch nicht zu Sonderkonditionen kaufen kann oder möchte, wird von mir gründlich beraten und erhält die Zusicherung, mich bei etwaigen Problemen auch noch lange nach dem Kauf anrufen zu dürfen.

 

Konsequenzen:

Ich nehme all die überflüssigen und falschen Anschuldigungen in der Internet-Öffentlichkeit, die teilweise auch noch unfreundlich und beleidigend formuliert sind, hin, wenn auch mit gewisser Erschütterung. Ich werde meine noch vorhandenen Nachzuchten aus 2015 weder zu Niedrigstpreisen verschleudern, noch verschenken und auch nicht für einen Stückpreis von 35 € oder noch weniger verkaufen, sondern zu einem angemessenen Preis. Wenn aber unüberlegte Kritik und Beleidigungen typisch für die heutige Schildkrötenszene sind, möchte ich ihr nicht länger angehören und mehr noch, nichts mehr mit Schildkröten zu tun haben. Ich werde deshalb meine Schildkrötenzucht einstellen und meine Zuchttiere ab dem Frühjahr gegen eine Spende für Anzeigen und Futter an einen guten Platz abgeben, weil sonst doch nur wieder der unberechtigte Vorwurf des angeblich unseriösen Geschäftsgebarens aufkommt. Meine mir sehr lieb gewordenen Sternschildkröten stehen bereits seit einigen Tagen zum Verkauf an einen Schildkrötenfreund, der nicht unbedingt Züchter sein muss (siehe die Rubrike „Startseite“ und der obige Beitrag in dieser Rubrik). Ich stelle sogar die Existenz meiner beliebten, nicht-kommerziellen Schildkröten-Website infrage, die mit viel Liebe, Zeit- und finanziellem Aufwand verbunden war und ist und allein den Zweck hat, Schildkrötenbesitzer bestmöglich zu informieren, und zwar völlig kostenlos und ohne sich einloggen oder anmelden zu müssen. Hier lesen Schildkrötenfreunde zum Teil interessante Beiträge, die sie sonst kaum finden.

 

Von meinen Kritikern (gibt es eigentlich noch ähnlich Denkende wie mich ?) wünsche ich mir mehr Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Anderswissenden – vor allem weniger Aufgeregtheit und weniger Unfreundlichkeiten. Im Vordergrund sollte doch die Bereitschaft zum persönlichen Dialog und zum Austausch von Erfahrungen stehen, auch wenn die bei den verschiedenen Züchtern naturgemäß konträr sein können, und nicht fragwürdige anonyme Angriffe.
Weder meine Email-Adresse noch meine Telefon- und Faxnummern sind geheim. Wer mit mir korrespondieren möchte, findet die Kontaktdaten sehr leicht in der Rubrik „Impressum & Kontakte“.

 

Dieser Beitrag wurde am 6. Dezember 2015 online gestellt.

 

 

Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstituts in Frankfurt haben die bisher älteste fossile
Meeresschildkröte weltweit beschrieben. Das versteinerte Reptil ist mindestens 120 Millionen Jahre alt und somit rund 25 Millionen Jahre älter, als der bisher älteste bekannte Fund. Das beinah vollständige, fast 2 Meter lange kreidezeitliche Skelett der Schildkröte weist alle typischen Merkmale heutiger meeresbewohnender Schildkröten auf. Die Studie ist am 7.9.2015 im Fachjournal „PaleoBios“ erschienen. „Santanachelys gaffneyi ist die älteste bekannte fossile Meeresschildkröte“ – dieser Satz in der Online-Enzyklopädie Wikipedia muss aktualisiert werden. „Wir haben eine etwa 25 Millionen Jahre ältere fossile Meeresschildkröte aus Kolumbien beschrieben“, freut sich Dr. Edwin Cadena, Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung am Senckenberg Forschungsinstitut. Die außergewöhnliche Entdeckung hat Cadena gemeinsam mit seinem US-amerikanischen Kollegen Kollegen J.
Parham von der California State University, Fullerton gemacht. „Die von uns als Desmatochelys padillai sp. beschriebene Schildkröte stammt aus kreidezeitlichen Ablagerungen und ist mindestens 120 Millionen Jahre alt“, erzählt Cadena. Meeresschildkröten stammen von den vor etwa 230 Millionen Jahre enstandenen Land- oder Süßwasserschildkröten ab. Während der Kreidezeit erfolgte eine Aufspaltung in Land- und Meeresbewohner;
Fossilbelege aus dieser Zeit sind jedoch sehr spärlich und der genaue Zeitpunkt schwer nachvollziehbar. „Umso wichtiger ist jeder Fossilfund, der zur Klärung der Stammesgeschichte der Meeresschildkröten beitragen kann“, erklärt der kolumbianische Schildkrötenexperte.

 

Das fast vollständig erhaltene Skelett der fossilen Meeresschildkröte Desmatochelys padillai sp. ist knapp 2 m groß. Bild: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die von Cadena untersuchten versteinerten Schildkrötenpanzer und -knochen stammen von zwei Fundorten nahe der Ortschaft Villa de Leyva in Kolumbien. Gefunden und gesammelt wurden die versteinerten Überreste der fossilen Reptilien von der Hobbypaläontologin Mary Luz Parra und ihren Brüdern Juan und Freddy Parra im Jahr 2007. Seitdem lagern sie in den Sammlungen des „Centro de Investigaciones Paleontológicas“ in Villa Leyva und
dem „University of California Museum of Paleontology“.

 

Diese Presseinformation des Senkenberg ForschungsInstituts Frankfurt wurde am 11. September 2015 online gestellt.