Die auf den Galapagos-Inseln wild lebenden etwa knapp 20.000 Riesenschildkröten gehören insgesamt zehn Arten bzw. Unterarten der Gattung Chelonoidis (früher: Geochelone) an. Im Jahr 1971 fand man auf der nördlichsten Galapagos-Insel, Pinta, eine einzelne männliche Schildkröte und brachte sie in die Nachzuchtanlage der Charles Darwin Station auf der Insel Santa Cruz, siehe Bild. Es handelt sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit um den letzten Überlebenden der Unterart C. nigra abingdoni. Daher auch der Spitzname "Lonesome George". Man vergesellschaftete ihn später mit zwei Weibchen der nahe verwandten Unterart C. nigra becki von der Insel Isabela (engere Insel-Region: Vulkan Wolf), doch Nachwuchs stellte sich nie ein.

Umso größer war die Freude weltweit, als im Sommer 2008 eines der beiden Weibchen Eier absetzte, auch wenn im Erfolgsfall die Nachkommen (Unterart-) Hybriden gewesen wären. Doch wie die Charles Darwin Foundation unlängst in einer Pressemitteilung bekannt gab, schwinden offensichtlich die Hoffnungen, dass sich die Eier ordnungsgemäß entwickeln. Die meisten der inkubierten Eier weisen nämlich einen beträchtlichen Gewichtsverlust auf, z.B. von 127 g am 4. August 2008 auf nur noch 82 g nach drei Monaten (4. November 2008). Einige Eier haben außerdem einen leichten Plizbewuchs, was ebenfalls ein schlechtes Zeichen ist. Die Verantwortlichen auf Santa Cruz hoffen aber noch, dass vielleicht ein Fünftel der bebrüteten Eier schlüpfen könnte. Normalerweise liegt die Schlupfrate von Riesenschildkröten in der Station bei 85 % und ist damit deutlich höher als in der Natur.

 

Lonesome_George

Auf diesem Bild sieht man "Lonesome George" in seinem Gehege auf Galapagos unter seiner recht primitiven Schutzhütte, die nur aus einer Tafel Wellblech als Dach, das auf einfachen Holzstützen aufliegt, besteht. "Lonesome George" ist eine typische Sattel-Schildkröte mit einem pferdesattelähnlichen Panzer, der über dem Hals des Tieres weit nach oben ausgezogen ist. Zusammen mit einem vergleichsweise langen Hals ist es solchen Schildkröten damit möglich, auf Inseln ohne niedere Vegetation von höher liegenden Ästen und Zweigen von Bäumen und Sträuchern zu fressen. Auf Galapagos-Inseln mit vorwiegend niederer Gras- und Buschvegetation haben die dort wild lebenden Riesenschildkröten dagegen einen kürzeren Hals und einen kalottenförmigen, gleichmäßig gerundeten Carapax (domförmiger Rückenpanzer), der ihnen das Durchdringen von dichtem Gebüsch erleichtert. Horst Köhler fotografierte auf Santa Cruz auf Galapagos.

 

"Lonesome George", dessen Alter zwischen 60 und 90 Jahre geschätzt wird, ist eher eine kleinere Riesenschildkröte: er wiegt "nur" 90 kg und hat eine Carapaxlänge von etwas über 1 m. Jahrelang wurde er zu reichlich ernährt und war daher übergewichtig, so dass ihm die Herpetologen eine strenge "Fastenkur" in Gestalt einer speziellen Diät verordneten.

Hier die aktuellen Unterarten der Galapagos-Landschildkröten nach FRITZ & HAVAS: Checklist of Chelonians of the World, 2007:

 

Chelonoidisï nigra nigra (ausgestorben)
Chelonoidis nigra abingdoni (in der Wildnis ausgestorben; letzter Überlebender ist "Lonesome George", gefunden auf der Insel Pinta; lebt seit 1971/72 auf Santa Cruz)
Chelonoidis nigra beckiï (Insel Isabela)
Chelonoidis nigra chathamensis (ausgestorben)
Chelonoidis nigra darwini (Insel San Salvador)
Chelonoidis nigra duncanensis (Insel Pinzon)
Chelonoidis nigra hoodensis (Hood Island)
Chelonoidis nigra phantastica (Fernandina ?; möglicherweise ausgestorben)
Chelonoidis nigra porteri (Santa Cruz) (Insel Isabela)

 

Horst Köhler (20. November 2008)

 

Nachtrag vom 9. März 2009:
 

Schade: keine Nachkommen von "Lonesome George"

Die oben beschriebenen Befürchtungen erwiesen sich leider Ende des Jahres 2008 als berechtigt: nach einer Zeitigungsdauer von 130 Tagen im Inkubator zeigten die letzten acht Schildkröten-Eier eines Vulkan.-Wolf-Weibchens aus dem Gehege von "Lonesome George" immer noch keine Embryonalentwicklung und wurden daraufhin auf der Galapagos-Insel Santa Cruz geöffnet. Keines der Eier war befruchtet. Die Herpetologen der Charles Darwin Foundation (CDF) geben jedoch nicht auf und werden jetzt Schildkröten-Weibchen von der Insel Espanola zu "George" ins Gehege setzen. Man geht davon aus, dass sie näher zu "Lonesome George" verwandt sind als die Weibchen vom Vulkan Wolf, die im letzten Jahr 2008 die Eier gelegt hatten.

H.K.