Eine Woche lang weilte Horst Köhler, Gründer und Betreiber dieser Schildkröten-Fachseite, Anfang Juni 2008 in der Südtürkei, um Schildkröten der dort verbreiteten Unterart Testudo graeca ibera zu beobachten und vielfältige Messungen an ihnen durchzuführen. Das dicht gedrängte Untersuchungsprogramm, das teilweise in der Mittagszeit bei hohen Außentemperaturen von deutlich über 30 °C im Schatten auch im dichten Gestrüpp durchgeführt werden
musste, sah folgende Hauptaufgaben vor:

TempTrkei

Das Suchen von Landschildkröten in Süd- und Südosteuropa im Sommer ist oft eine Schweiß treibende Angelegenheit und nicht selten kommen noch Mückenstiche, ein Zeckenbefall oder ein Sonnenbrand hinzu. Hier zeigt das am Boden des Schildkrötenbiotops liegende sonnenbeschienene Thermometer eine Temperatur von über 45 Grad und eine entsprechend niedrige Feuchtigkeit von nur 27 Prozent an. Nur 2 m davon entfernt, im Schatten, hatte sich eine maurische Schildkröte fast ganz eingegraben, siehe Bild unten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Auffinden einer Schildkröte am frühen Morgen und Protokollieren sämtlicher Aktivitäten über möglichst viele Stunden hinweg, ohne das Tier zu stören. Gemessen und aufgezeichnet wurden:

-  die zurückgelegten Wanderstrecken und die dafür verstrichenen Zeiten,
Ruhepausen und Futteraufnahme,
-  Carapaxtemperaturen und der Zusammenhang mit den jeweils bevorzugten Aufenthaltsplätzen,
-  Luftfeuchtigkeit und Umgebungstemperaturen längs der Wegstrecke alle 30 Minuten,
-  Wiegen des abgegebenen Kots,
-  UVB-Intensität der Sonne sowohl am Boden entlang des Wanderweges der Schildkröte als auch direkt in die freie Sonne gemessen;

Am Ende des jeweiligen Mess- und Beobachtungsprogrammes wurde das Tier vermessen, gewogen und fotografiert. Dieses Hauptprogramm wurde an zwei Tagen mit zwei größeren Schildkröten absolviert: ein Tier wurde von 7.30 Uhr bis 13 Uhr observiert (dann verschwand es in einem unzugänglichen Opuntiengestrüpp), ein zweites an einem anderen Tag von 9.45 Uhr bis 17 Uhr, also über einen Zeitraum von über sieben Stunden.

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1.Juni 2008, 13.30 Uhr Ortszeit, Südtürkei: dieses 365 g schwere Jungtier von Testudo graeca ibera hatte sich so in die lockere Oberflächenschicht eingegraben, dass man es nicht mehr sah. Für diese Aufnahme und zur Messung der Carapax-Temperatur (= 29 Grad C) wurde der Rückenpanzer teilweise freigelegt. Die während der heißesten Tageszeit im Sommer in die Erde eingegrabenen Schildkröten findet man nur dann, wenn man sie bereits am Vormittag entdeckt hat und danach die Geduld aufbringt, ihnen aus sicherer Distanz ein oder zwei Stunden oder noch länger zu folgen.


An den übrigen Arbeitstagen der Exkursionswoche wurden weitere aufgefundene Schildkröten vermessen, gewogen und fotografiert sowie die Carapax-Temperatur am Fundort und die dazugehörige Umgebungstemperatur notiert. Diese Messungen fanden statt, um die von Horst Köhler in seinem Buch „Aufzucht europäischer Landschildkröten-Babys" veröffentlichte Beobachtung, dass die von ihm vermessenen Landschildkröten aus verschiedenen Gattungen bei Erreichen einer Carapax-Temperatur von etwa 32 °C im Sommer das Sonnenbad beenden um Schattenplätze aufzusuchen oder sich sogar ganz oder teilweise einzugraben, zu bestätigen (siehe obiges Bild). An einem anderen Tag stand die Messung der maximalen UVB-Intensität über dem Schildkröten-Biotop vom frühen Morgen bis zum Sonnenuntergang in 30-minütigen Abständen auf dem Programm.

Die Messungen und Beobachtungen sind mittlerweile ausgewertet. Unter anderem wurde der von Horst Köhler 2007 veröffentlichte Zusammenhang zwischen den Körperumfängen wild lebender Landschildkröten Testudo graeca ibera und ihrem Gewicht (siehe: Betrachtungen zu Gewichten von Testudo graeca ibera aus der Südwest-Türkei. Schildkröten-Im-Fokus 4 (3), 2007, S. 11-10)) kontrolliert und verfeinert. Wenn Sie an den neuen Ergebnissen interessiert sind, dann klicken Sie die (neue) Rubrik "Berichte & Artikel" an und lesen dort den Beitrag vom 19. OKtober 2008 "Was wiegen Landschildkröten im natürlichen Verbreitungsraum?" .

Die Ergebnisse aus den Beobachtungen, von denen einige in dieser Form wohl zum ersten Mal gemacht wurden, können direkt zur täglichen Pflege von Schildkröten im Garten oder Terrarium umgesetzt werden.

Die anderen Ergebnisse wurden 2009 und 2010 in mehreren Schildkrötenzeitschriften veröffentlicht (eine chronologische Auflistung der veröffentlichten Artikel finden Sie als "Schildkröten-Veröffentlichungen von Horst Köhler" in der Website-Rubrik "Interessante Publikationen").