von Horst Köhler, Friedberg

 

Einleitung

In einem - im Gegensatz zum eher nasskalten (Schildkröten-) Jahr 2010 - mit so vielen Sonnenstunden und angenehmen Temperaturen gekennzeichneten Jahr wie diesem (2011), bemerken viele Gartenbesitzer einen stärkeren Befall ihrer Nutzpflanzen und Blumen mit Schnecken, Läusen, Spinnmilben und anderen beißenden Insekten sowie mit verstärktem Ameisenvorkommen (Bild 1). Um Ameisen, die im Garten als natürliche „Putzkolonie“ und als Erzeuger enormer Mengen von Biomasse im Boden durchaus nützlich sind, geht es in diesem Artikel. In Schildkrötengehegen, vor allem aber in Schildkröten-Schutzhütten, sind diese artenreichen Insekten vor allem dann nicht willkommen, wenn sie in Massen auftreten und unter Umständen unsere Landschildkröten durch Beißattacken gefährden. Gelangt beispielsweise nur eine einzige Ameise in das Auge eines Schlüpflings, welches ihr Lid nicht rasch genug schließt, kann das Sehvermögen durch die ätzende Ameisensäure für immer beeinträchtigt sein (Köhler, 2008).

 

ABild1Bild 1: Ameisennester sind an den typischen kleinen Sandhäufchen auf Wegen, Plätzen, im Rasen, in Beeten und, wie hier, auf einer Borddiele zur Grundstücksabgrenzung, zu erkennen. Deutlich sind auf diesem Bild einige Ameiseneier des mit dem Finger teilweise geöffneten kleinen Nestes zu sehen; die aufgeregt hin- und herlaufenden Ameisen selbst sind auf dieser Nahaufnahme nur in der Vergrößerung zu erkennen.




 

 


Ameisennest im Bodensubstrat

Am Rand meines Freigeheges für Sternschildkröten in unserem Garten befindet sich ein etwa 1 x 1 m großes Beckmann-Alltop-Frühbeethaus, das die Tiere je nach Tageszeit verlassen oder für ihre Ruhepausen wieder aufsuchen können (Bild 2). Als Bodengrund wurde zu Beginn der diesjährigen Freiluftsaison ein frisches Gemisch aus ungedüngter Erde, Rindenmulch und Stroh etwa 10-15 cm hoch eingebracht, so dass sich die Sternschildkröten panzerhoch eingraben könnten (was sie allerdings bei mir nur sehr selten tun; meist graben sie sich nur wenige Zentimeter tief in das Substrat ein).

 

ABild2Bild 2: Rechts oben befindet sich die Sternschildkröten-Schutzhütte in meinem durch Holzpalisaden begrenzten Freigehege. Diese Einfriedung existiert an dieser Stelle schon seit fünf Jahren; abgefaulte Palisaden konnte ich bisher noch nicht feststellen.


 


 

 


 

Als ich vier Wochen später, Ende Mai, Futterreste unter der Steinplatte am Fressplatz entfernen wollte, bemerkte ich plötzlich ein paar Ameisen, beim vorsichtigen Tiefergraben im Erdreich dann aber ganze Massen davon, die nun aufgeschreckt im gesamten Inneren des Frühbeethauses hin- und herliefen und sofort meine Arme attackierten. Schnell griff ich zu einer Schaufel und entfernte das Nest mitsamt Eiern und den Bodengrund ringsherum bis zur Styrodur-Bodenplatte – es mögen etwa drei Eimer voll Substrat (und Ameisen) gewesen sein, die ich weit weg von meinen Schildkrötengehegen unter einer dicken Hecke wieder ausleerte.

 

Richtiger Einsatz von Ameisen-Köderdosen

Da ich davon ausgehen musste, dass sich trotz der Entfernung der Kolonie nach wie vor noch etliche Ameisen im Schildkrötenhaus befinden, stellte ich vier Ameisen-Köderdosen direkt auf den ausgehobenen Bodengrund, dort wo ich das Nest ausgehoben hatte (die Schildkröten kamen für einige Tage in ihr Innenquartier). Zwei der Dosen (Celaflor Naturen Ameisenköder) enthielten als Wirkstoff Spinosad, die beiden anderen (Dehner Ameisenköder) den Wirkstoff d-Phenothrin (Bild 3).

 

ABild3Bild 3: Die vier Köderdosen im Schildkrötenhaus auf einer Bodenfläche von nur etwa 30 x 30 cm Größe, dort wo sich zuvor das Ameisennest befand. Der Hinweis in den Gebrauchsanleitungen der Hersteller, dass eine einzige Köderdose für rund 5 m2 Fläche ausreicht, deckt sich nämlich nicht mit meinen bisherigen Erfahrungen. Die Köderdosen müssen regelmäßig auf Annahme durch die Ameisen kontrolliert und gegebenenfalls durch neue oder durch Dosen mit anderen Wirkstoffen ersetzt werden. Gelförmiger oder flüssiger Köder trocknet bei zu hohen Innentemperaturen im Schildkrötenhaus rasch aus und ist dann ohne Wirkung.

 

 


 

Ein solcher Einsatz von Ködern mit verschiedenen Wirkstoffen bzw. Vergrämungsmitteln ist wichtig, weil sich Ameisenvölker offensichtlich an den Bekämpfungsstoff gewöhnen können und sich damit dann auch nicht vertreiben, geschweige denn ausrotten lassen. So staunte ich im letzten Jahr nicht schlecht, als ich einen zum Schutz vor zu starker Sonnenstrahlung über eine Köderdose gestülpten kleinen Karton zur Kontrolle des Köders abnahm und feststellen musste, dass sein gesamtes Innere mit Ameisen-Sandhäufchen und einer kleineren Ameisenkolonie angefüllt war, so viel, dass von der grünen Köderdose nichts mehr zu sehen war! Die Insekten krochen in und über die Köderdose – ohne jegliche Wirkung.

 

Doch selbst bei einem Aufstellen mehrerer Köderdosen mit unterschiedlichen Wirksubstanzen auf engstem Raum kann man sich über einen Bekämpfungserfolg nicht sicher sein. Dies hat mehrere Gründe (teilweise nach Neudorff):

(a) in einer bestimmten Entwicklungsphase nehmen Ameisen kohlenhydrathaltige Köderstoffe, wie sie in der Regel in den Köder eingearbeitet sind, nicht auf: sie bevorzugen in dieser Zeit eiweißhaltige Nahrung.

(b) Handelt es sich um einen Befall mit der so genannten, nur etwa 2 mm groß werdenden Pharaonenameise, die einst aus den Tropen und Subtropen zu uns eingeschleppt wurde, wirken die für die Bekämpfung von europäischen Ameisenarten konzipierten Wirkstoffmischungen ebenfalls nicht, weil diese Art generell nur frisches, eiweißhaltiges Futter zu sich nimmt.

(c) Unmittelbar vor und während des Hochzeitfluges nehmen Ameisen keinerlei Nahrung auf, weil sie in dieser Phase mit anderen Dingen beschäftigt sind.

(d) Ameisen sind gegen einen bestimmten Wirkstoff immun geworden. Dann nützt es auch nichts, wenn man Produkte unterschiedlicher Hersteller einsetzt, die den gleichen Wirkstoff enthalten. Dies ist beispielsweise bei dem gelförmigen Ameisenköder Celaflor Naturen und dem flüssigen Köder Loxiran Ameisenbuffet von Neudorff der Fall: beide enthalten die Wirksubstanz Spinosad (die Dosierung ist allerdings bei Loxiran fast doppelt so hoch wie bei Celaflor Naturen).

 

Daraus folgt, dass möglichst in der Nähe eines Ameisennestes aufgestellte Köderdosen nach zwei Tagen erstmals, und danach in regelmäßigen Abständen, auf die Annahme durch die Ameisen kontrolliert werden sollten. Denn wenn die Ameisen vom Köder nichts fressen, bleibt er natürlich wirkungslos. Wichtig: werden die Köderdosen zu stark von der Sonne bestrahlt, trocknet ihr Inhalt innerhalb kürzester Zeit aus. Diese Gefahr ist bei der Verwendung im Schildkrötenhaus immer sehr groß, da in ihm an sonnigen Sommertagen leicht Innentemperaturen von 30 °C (im Schatten !) auftreten. Aus diesem Grund hatte ich mein Frühbeethaus während der Zeit der „Ameisenaktion“ durch eine Strohmatte abgedeckt.

 

Weitere Bekämpfungsmaßnahmen

Eine Woche nach Entfernung des Nestes und der Aufstellung der vier Köderdosen fand ich selbst bei gründlicher Suche im Substrat nur noch ganz vereinzelt Ameisen – ein weiteres oder gar neues Nest war jedenfalls nicht mehr vorhanden. Aber Achtung: auch bei nur wenigen sichtbaren Ameisen im Schutzhaus kann sich eine starke Kolonie im Erdreich befinden. Die Dosen stellte ich nunmehr in der Schutzhütte auf eine entlang der Rückwand zur Wärmespeicherung aufgeschichtete Mauer aus Ziersteinen – unerreichbar für meine Schildkröten (Bild 4). Sodann entfernte ich noch etwas Substrat und Stroh, denn es musste ja vermieden werden, dass meine Schildkröten Köderpartikel oder abgestorbene Ameisen fressen. Dann wurde frischer Rosenhumus und neues Stroh eingebracht. Dabei reduzierte ich den Anteil an Gartenerde im Substrat bewusst, weil eine Erdschicht nach meinen Beobachtungen die Ameisen zum Anlegen eines Nestes geradezu einlädt; ein lockeres, stark strukturiertes Substrat, z.B. Rindenmulch oder Rosenhumus, wird dagegen nicht so gerne für den Nestbau angenommen. Da sich Ameisen durch gewisse Duftstoffe, z.B. von Lorbeer, Lavendel, Eukalyptus und Zedern, vertreiben lassen (weiteres „Hausmittel“ sollen Backpulver, Zimt, Essig, Gewürznelken und Zitronensaft sein), kaufte ich mir im Gartencenter einen Topf Lavendel (Lavandula angustifolia) und stellte ihn in eine der Ecken des Frühbeethauses.

 

ABild4Bild 4: Blick ins Innere des Schutzhauses bei geöffnetem Deckel nach hoffentlich lang andauernder Ameisenumsetzung, -vertreibung und -vernichtung: die Köderdosen sind nunmehr, unerreichbar für die Schildkröten aber zugänglich für etwaige Ameisen, platziert. Der Leser störe sich nicht an den vielen „Instrumenten“: ich führte zu diesem Zeitpunkt Vergleichsmessungen mit verschiedenen Hygrometern und Thermometern durch. Alle Fotos stammen vom Autor.

 

 

 


 

Ein Überbrühen der früheren Neststelle mit kochendem Wasser schied für mich als Maßnahme aus, weil das Ameisenvolk mitsamt seiner Königin ja bereits ausquartiert war. Außerdem hätte ich durch diese Maßnahme das gesamte Hausinnere überschwemmt. Stattdessen änderte ich die Futterstelle: nicht mehr im Frühbeethaus auf der Steinplatte finden jetzt die Hauptfütterungen statt, sondern im anschließenden Freigehege selbst (wo ich etwaige neu entstehende Ameisennester besser bekämpfen bzw. ausgraben kann); nur noch bei ungünstigen Witterungsbedingungen, wenn die Schildkröten auch tagsüber in ihrer (beheizbaren) Schutzhütte weilen, wird innen gefüttert. Dadurch bleiben weniger Fressreste liegen, die neue Ameisen anlocken würden.

Schließlich umgab ich alle drei Seiten des Schildkrötenhauses, die außerhalb des Geheges liegen und somit für die Schildkröten nicht zugänglich sind, mit einer Schicht eines Ameisen-Streu- und Gießpulvers mit dem Wirkstoff Cypermethrin. Diese Maßnahme soll schnell und nachhaltig wirken und damit Ameisen davon abhalten, neu in das Haus einzudringen. Dieses „Pulvern“ werde ich alle drei Wochen wiederholen.

Vorgenommen habe ich mir schließlich noch, das Substrat im Beckmann-Haus mit einem kleinen Rechen alle zwei oder drei Wochen aufzulockern und damit die dort unerwünschten Insekten regelmäßig zu stören. Es ist immer sinnvoll, vereinzelte wieder neu auftretende Ameisen sofort aus dem Frühbeethaus zu entfernen. Einen Nebeneffekt hat diese Maßnahme noch: ich könnte beim - vorsichtigen - Umarbeiten des Substrat dort abgesetzte Schildkröteneier finden ...

 

Weitere Maßnahmen

Schildkrötenbesitzer kennen noch eine Reihe weiterer Bekämpfungsmaßnahmen, mit denen ich bis jetzt allerdings noch keine eigenen Erfahrungen besitze:

Anbringen eines doppelseitigen Klebebandes

Ausstreuen von Kalkpulver

Anlocken der Ameisen mit einem Schwamm, der mit Zuckerwasser getränkt wurde

Aufstellen einer kleinen Schale mit stark gezuckertem, schalen Bier, in dem die Insekten dann ertrinken (es soll auch mit Honigwasser, verdünnter Likör usw. funktionieren)

 

Gegen Ende der diesjährigen Schildkröten-Freiluftsaison werde ich in einem kurzen Nachtrag berichten, wie erfolgreich (oder wenig dauerhaft ?) meine Maßnahmen waren.

 

Literatur:

Köhler Horst (2008): Aufzucht europäischer Landschildkröten-Babys (Kapitel über Schildkröten-Feinde). Schildi-Verlag Augsburg.

Neudorff GmbH KG, Emmerthal: Erfolgreiche Ameisenbekämpfung – gewusst wie! Produktbeschreibung zum Loxiran Ameisenbuffet. 0116-29204

 

 

Dieser Beitrag wurde am 18. Juli 2011 online gestellt.