In ihrer Ausgabe Nr. 24 von August 2009 bringt die Zeitschrift SACALIA, die in Österreich herausgegebene Vereinszeitschrift der Internationalen Schildkröten-Vereinigung (ISV), einen lesenswerten und zugleich nachdenklich machenden Beitrag über die aktuelle Bestandssituation (Status Frühjahr 2008) der Ägyptischen Landschildkröte, Testudo kleinmanni, in Ägypten. Dort galt die Art für lange Jahre als ausgestorben, zumindest aber als stark dezimiert. Etwas besser sieht die Lebenssituation für T. kleinmanni in Libyen aus, da dieses Land wegen der langjährigen politischen Isolierung nur von wenigen Touristen besucht wurde und es so auch kein Motiv für ein stärkeres Absammeln von wild lebenden Landschildkröten gab. Doch im Jahr 1997 wurden auf dem Kairorer Markt etwa 300 lebende Ägyptische Landschildkröten beschlagnahmt. Sie stammten alle aus Libyen und wurden zunächst zu Forschungszwecken in das Zaranik-Naturreservat überführt, wo aber die meisten von ihnen bedauerlicherweise nach einiger Zeit „verschwanden".
Semiadulte weibliche Ägyptische Landschildkröte (Testudo kleinmanni) beim Verzehr von Wildkräutern. Deutlich sichtbar ist die kompakte und hochrückige Form des Carapax. Bei dieser Art entfällt eine Winterstarre. Zucht & Fotografie: Alrun Reinarz
Der Autor des SACALIA-Artikels, Ramon Mascort, besuchte im März 2008 neun mögliche Standorte, die sich zwischen einer Region 100 km westlich der Stadt Alexandria bis zur libyschen Grenze über einen Küstenstreifen von rund 850 km erstreckten, sieben Regionen davon im Westen des Nildeltals. Es handelt sich ausnahmslos um frühere Habitate der Ägyptischen Landschildkröte. Das traurige Ergebnis dieser Schildkrötensuche: mit Ausnahme der Schildkröten-Populationen im etwa 250 km2 großen Zaranik-Naturschutzgebiet am östlichen Ende des Bardawill-Sees wurde keine einzige Schildkröte gefunden, auch kein totes Tier. Beduinen, denen man Fotos von T. kleinmanni zeigte, schienen diese Schildkröte nicht einmal zu kennen. Ursache dieser dramatischen Situation ist die weitgehende Zerstörung der Lebensräume der Schildkröten in den mediterranen Küstenregionen Ägyptens durch die starke Bebauung und die übermäßige Viehhaltung (Schafe, Ziegen, Dromedare) und die nach wie vor anhaltende Absammlung von Schildkröten zum Verkauf an Touristen: völlig überraschend fand Ramon Mascort bei seinem Kairo-Besuch auf dem in der Innenstadt gelegenen Markt Saisa Aisha zwei Händler, die, man mag es nicht glauben, 35 ausgewachsene Testudo kleinmanni und 17 Testudo graeca, in kleine Vogelkäfige eingepfercht, anboten; er belegt dies durch eindrucksvolle Fotos in seiner Veröffentlichung. Da die meisten früheren Populationen erloschen sind, ist es ein großes Rätsel, auf welchem Wege die Händler an diese Tiere gekommen sind. Es ist mehr als ernüchternd, dass vor Ort der Handel mit derart selten gewordenen Landschildkröten unter Missachtung aller Vorschriften und Gesetze immer noch in aller Offenheit und offensichtlich ohne Konsequenzen für die Händler und deren Lieferanten stattfinden kann.
Zur weiteren Information siehe das Kurzreferat „Ägyptische Landschildkröte (Testudo kleinmanni) – eine Schildkröte mit den Hauptaktivitäten in unserem Winter" vom 4. Dezember 2008 weiter unten in dieser Rubrik.
Horst Köhler (20. September 2009)