Text und Fotos von Werner Pieper

Als ich in den 70er-Jahren meine ersten Schildkröten aus dem Urlaub in Dalmatien mitbrachte (damals war dies noch nicht strafbar), hatte ich noch keine Ahnung von den drei Unterarten der Griechischen Landschildkröte. Erst nach der behördlichen Anmeldung in den 80er-Jahren habe ich mich mehr und mehr mit Schildkröten beschäftigt. Durch Zufall beobachtete ich 1987 eines meiner zwei Weibchen beim Eierlegen.

Da mein Hobby die Aquaristik war, hatte ich schnell einen Brutkasten nach „Bauart Budde" installiert und die zwei Eier dann auch mit Erfolg darin ausgebrütet. In den folgenden Jahren kamen auch noch Testudo hermanni boettgeri dazu, so dass mittlerweile bei mir zwei Brutapparate in Betrieb sind (den „Budde-Brutapparat" benutze ich heute allerdings nur noch zur Zeitigung von Dosenschildkröten-Eiern, da diese eine höhere Luftfeuchte brauchen).
Erst nach einem Bericht von Thomas & Sabine Vinke in der Zeitschrift „Schildkröten im Fokus" im Jahr 2004 trennte ich die drei Schildkröten aus Dalmatien von den anderen.

Die derzeitige Zuchtgruppe Testudo hermanni hercegovinensis besteht aus zwei Weibchen und einem Männchen.
Ein Weibchen wiegt ca. 1000 g und legt in der Regel nur 2-3 Eier pro Jahr, während das zweite Weibchen mit ca. 750 g meistens zwei Gelege mit ca. 3-5 Eiern produziert. Die Eier brüte ich generell bei 30 °C in einem Flächenbrüter aus, wobei sie in Grillendosen mit leicht angefeuchtetem Vermiculit kommen.

Im letzten Jahr, 2009, war die Überraschung sehr groß, als nach 59 Tagen aus dem Gelege des ersten, schwereren Weibchens ein Albino schlüpfte, nach 61 Tagen ein normal gefärbtes Jungtier und nach 63 Tage nochmal ein Albino (Bild 1 bis 3).

 

PieperBild1Albino

Bild 1: Links mein Testudo hermanni hercegovinensis-Weibchen W-1, rechts das Männchen, mit ihren drei nicht ganz "gewöhnlichen" Nachkommen aus dem vergangenen Jahr. Das Alter beider Schildkröten schätze ich auf über 50 Jahre, da die Tiere 1975, als ich sie aus dem Urlaub mitbrachte, schon geschlechtsreif waren.


PieperBild2AlbinoBild 2: Schlupf eines der beiden Albino-Schildkröten-Babys des in Bild 1 gezeigten Zuchtpaares.

 

 

 

 

 

 

 

 

PieperBild3AlbinoBild 3: Alle Schlüpflinge meiner beiden T. h. hercegovinensis-Weibchen aus dem Jahr 2009 mit den beiden Albino-Babys von Weibchen W-1, hier beim gemeinsamen Bad. Zum Zeitpunkt der Aufnahme waren die Kleinen etwa acht Wochen alt. Die EU-Bescheinigungen beantrage ich erst nach der ersten Winterruhe; erst dann bekommen die Nachzuchten anstelle der anfänglichen Punkte-Markierung fortlaufende (Züchter-) Nummern.

 

 

 

 


Bei mir stehen die Inkubatoren in einem halbdunklen Kellerraum, und die zwei Sichtfenster sind auch noch zusätzlich abgedeckt. Das hat den Vorteil, dass die Schlüpflinge bei einer Kontrolle nicht beunruhigt werden und ihre Eier alle noch mit Dottersack verlassen.

Nachtrag: Auch im Jahr 2010 schlüpfte wieder ein Albino.

 



 

Schildkröten im Ladengeschäft

Dass sich Landschildkröten durchaus gut und artgerecht in die Präsentation eines Warenangebotes eingliedern lassen, zeigt das Augsburger Miele-Center RIEGA. Das Unternehmen an der Meraner Straße im Industriegebiet von Augsburg-Lechhausen mit derzeit 26 Mitarbeitern besteht seit 1934 und wird in der 3. Generation von Georg und Edith Riegel geleitet. Betritt der Besucher die Ausstellungsräume, fällt sein Blick nach kurzer Zeit auf ein etwa 3 ½ Quadratmeter großes, oben offenes Terrarium (Bild 1), umgeben von Küchen und Hausgeräten. Schon seit etwa 10 Jahren hält Center-Chef Georg Riegel in seinem Betrieb Landschildkröten. Der „Zoo" wird durch Koi-Karpfen, Wellensittiche, eine Katze, einen Hund sowie drei Stallhasen vervollständigt. Es existiert eine „Checkliste-RIEGA-Zoo", aus der die für den Pflegedienst eingeteilten Mitarbeiter genau ersehen, welche Arbeiten täglich zu verrichten sind. So wird z.B. das Schildkröten-Terrarium jeden Tag mit Besen und Schäufelchen, ja sogar per Pinsel, gesäubert, der Sandboden bei dieser Gelegenheit geglättet, die Bepflanzung gewässert, das Badewasser erneuert und natürlich zweimal am Tag Wiesengrün gefüttert.

 

RiegaBild1kleinBild 1: Ein interessanter Blickfang für Kunden und speziell für deren Kinder ist seit drei Jahren das Schildkröten-Terrarium im Ausstellungsraum des Miele-Centers in Augsburg-Lechhausen.

 

 

 

 

 

 

 

 


Insgesamt besitzt Georg Riegel zurzeit vier europäische und zwei afrikanische Landschildkröten. Im gut (auch mit UVB) bestrahlten Terrarium halten sich im Moment (Mitte Oktober 2009) nur die drei kleinsten Tiere dieser Gruppe auf (Bild 2), da die bis zu 20 Jahre alten größeren Schildkröten die liebevoll aufgebaute Dekoration innerhalb kurzer Zeit gründlich „umgestalten" würden. So muss auch die große Spornschildkröte (Bild 3) mit einem Platz in einem kleineren Terrarium in einem Nebenraum vorlieb nehmen. Demnächst gehen die größeren „Europäer" in die Winterruhe und für den großen „Afrikaner" wird ein zusätzliches, größeres Terrarium errichtet. Spornschildkröten, die keinen Winterschlaf halten, sind eine faszinierende Art mit interessantem Verhalten, doch die Tiere können bis zu 80 cm groß und 100 kg schwer werden und benötigen dann auch ein entsprechend großes Gelände. Wenn Spornschildkröten in unserem Winter in ihrem Innengehege genügend Wärme aufnehmen können, ist sogar ein gelegentlicher kurzer Auslauf auf dem verschneiten Freigelände möglich.

 

RiegaBild2klein

Bild 2: Momentaner Besatz des Terrariums im Oktober 2009: junge Griechische und Maurische Landschildkröte (hinten und rechts vorne) mit einer noch sehr jungen Spornschildkröte (Centrochelys bzw. Geochelone sulcata; links).


RiegaBild3kleinBild 3: Georg Riegel, der Chef des Betriebes, mit seiner Lieblingsschildkröte, der größeren seiner beiden Spornschildkröten mit Blick auf den Garten. Diese Tiere bewohnen in Afrika einen bis zu 800 km breiten West-Oststreifen etwa zwischen dem 12. und dem 18. nördlichen Breitengrad. Es sind die größten Landschildkröten des afrikanischen Kontinentes.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Im Sommer befinden sich alle Schildkröten tagsüber bei gutem Wetter im Freien im 950 Quadratmeter großen Firmengarten. Die Jungschildkröten haben dort ein umfriedetes eigenes Areal mit viel Versteck- und Unterschlupfmöglichkeiten (Bild 4).

 

RiegaBild4kleinBild 4: Rückseite des Miele-Centers RIEGA mit einem kleinen Teil des großen Gartens. Hinten das eingezäunte Areal für die juvenilen Landschildkröten. Die größeren Tiere haben im Sommer den ganzen übrigen Garten zur Verfügung.

 

 

 

 

 

 

Die größeren Schildkröten können sich im gesamten Garten frei bewegen, so dass vor allem die ältere Spornschildkröte reichlich Gelegenheit zum arttypischen Grasen hat. Da das Gartengelände nicht gegen Übersteigen geschützt werden kann und außerdem direkt an ein großes landwirtschaftlich genutztes Gelände anschließt, werden alle Schildkröten nachts sicherheitshalber in ihren Stall im Gebäude gebracht.

Text und Fotos: Horst Köhler, Friedberg (22. Oktober 2009)