Wieder einmal gab es, Ende Oktober / Anfang November 2009, großen Ärger und Verdruss mit den beliebten, „nur“ im Anhang B gelisteten, aber dennoch meldepflichtigen Indischen Sternschildkröten (Geochelone elegans). Damit rächt es sich erneut, dass für diese Art keine Fotodokumentation wie bei den strenger geschützten Anhang-A-Arten, z.B. den Europäischen Landschildkröten, nötig ist. Gegenüber den Landratsämtern bzw. anderen für den Artenschutz zuständigen Behörden muss nämlich glaubhaft gemacht werden, dass der Besitz einer Sternschildkröte legal ist, d.h. dass es sich bei ihr nicht um ein Wildtier handelt. Erforderlich ist dazu ein lückenloser Herkunfts- und damit Legalitätsnachweis, also z.B. bei einem Kauf von einem beliebigen Vorbesitzer Bestätigungen des eigentlichen Züchters (z.B. Zuchtbuchnummer, Kopie der Erstanmeldung bei der zuständigen Behörde, Bescheinigung über die Weitergabe an den Zweitbesitzer), eine Zugangsbestätigung des Zweitbesitzers mit Datum über die Übernahme des Tiers vom Züchter mit Kopie der Anmeldung an die eigene zuständige Behörde). Wohnt der Züchter nicht in einem EU-Land, muss außerdem eine Einfuhrgenehmigung vorgelegt werden. Wenn die Behörde nur den geringsten Zweifel am Wahrheitsgehalt eines dieser Dokumente bzw. Bescheinigungen hat, darf sie das betreffende Tier (die betreffenden Tiere) beschlagnahmen, auch wenn den aktuellen Besitzer keinerlei Schuld trifft. Es ist also ratsam, sich vor dem endgültigen Kauf einer Sternschildkröte vom Vorbesitzer alle verfügbaren Papiere in Kopie vorlegen zu lassen, vorab der zuständigen Behörde zur Prüfung zu überlassen und die behördliche Legalitäts-Anerkennung abzuwarten.

Was war eigentlich geschehen: Schildkrötenzüchter X aus Bayern, Mitglied der DGHT, baute sich ab 1993 durch die Einfuhr einiger Sternschildkröten einen Zuchtstamm auf. Die ursprünglichen Papiere wurden jedoch sehr viel später wieder widerrufen, da X die genaue Herkunft der Tiere nicht lückenlos nachweisen konnte. Die Folge: nicht nur alle betroffenen Elterntiere sind plötzlich illegal geworden, sondern auch deren Nachzuchten, die in den letzten Jahren an viele, zurzeit möglicherweise noch ahnungslose Interessenten aus ganz Deutschland verkauft wurden. Angeblich sollen es allein mit Stand von gestern (6. November 2009) bereits 80 Tiere sein, die eingezogen wurden, mit weiteren Beschlagnahmungen, zumindest mit Kontroll-Nachfragen der Ämter, ist in den kommenden Tagen und Wochen zu rechnen.

 

Tamu-Suraj

Beim Kauf von Schildkröten aus dem Anhang B, wie z.B. den beliebten Sternschildkröten, ist besondere Vorsicht geboten, denn es ist der (neue) Besitzer, der gegenüber den Behörden die rechtmäßige Herkunft nachweisen muss. Im Bild zwei Sternschildkröten (links ein Männchen, rechts ein Weibchen), deren Besitzer(in) wir angesichts der derzeitigen Situation aus nachvollziehbaren Gründen  bewusst nicht nennen. Auffällig ist ohnehin, dass wir in letzter Zeit für diese Website kaum noch Fotos von Sternschildkröten zur Veröffentlichung erhalten: die Verunsicherung in der Geochelone elegans-"Gemeinde" ist groß, kein Wunder, droht doch die Beschlagnahmung von schätzungsweise 200 Tieren!  Foto vom Verfasser.

Dabei trifft es leider fast immer gänzlich unbeteiligte Personen, denen kein Verstoß nachzuweisen ist, weil sie im guten Glauben (angeblich legale) Sternschildkröten-Nachzuchten gekauft haben. Entsprechend fassungslos und bestürzt reagieren sie dann beim Einzug der kostbaren Schildkröten. HIer nur ein einziges verbürgtes Beispiel aus den letzten Tagen: Schildkrötenbesitzer Y kaufte von X im Jahr 2006 eine juvenile Sternschildkröte und in diesem Jahr (2009) drei weitere Tiere der gleichen Art von einem anderen Züchter; der hatte sie allerdings ursprünglich ebenfalls von X bezogen. Am 5. November 2009 erschien ein Behörden-Sachbearbeiter bei Y und beschlagnahmte alle vier Sternschildkröten. Dabei hatte Y unserer Meinung nach noch Glück, dass die Behörde nicht alle seine Sternschildkröten konfiszierte. Hätte nur der geringste Verdacht bestanden, dass eines aus dieser Gruppe ebenfalls von X hätte stammen können, ohne genau zu wissen welches, wären nämlich rigoros alle übrigen Tiere ebenfalls eingezogen worden. Der Bescheid war amtlich, ein Widerspruch zwecklos, das Geld für den Kauf der vier Tiere muss wohl abgeschrieben oder durch langwierige und teure Prozesse mit ungewissem Ausgang erstritten werden.

Um niemanden zu kompromittieren und vorzuverurteilen, dürfen und wollen wir hier den Namen des Sternschildkrötenzüchters X nicht nennen. Trotzdem folgendes Angebot an die Besucher dieser Website: wer aktuell bzw. in den letzten ca. acht Jahren (nicht nur in Bayern) Sternschildkröten erworben hat, kann uns dies mit Nennung des Züchters (der nicht zwangsläufig der Vorbesitzer sein muss) per Email mitteilen. Sollte es sich bei dem Züchter um die Person X handeln, würden wir eine entsprechende kurze Antwort geben. Zwar würde dieser Hinweis von unserer Seite eine drohende Einziehung von Schildkröten kaum verhindern, aber der Besitzer wäre immerhin vorgewarnt.

Übrigens, wer meint, den Gesetzgeber dadurch in die Irre führen zu können, dass er den Zugang einer Sternschildkröte nicht meldet, handelt doppelt falsch, denn der Vorbesitzer muss bei der Abmeldung des abgegebenen Tiers Name und Anschrift des Käufers angeben. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, bis der neue Besitzer amtsbekannt ist, selbst dann, wenn es zwei oder gar drei Vorbesitzer gegeben hat.

 

In den USA und in anderen europäischen Ländern Schildkröten-Beschlagnahmung nur bei Schmuggel

Als wir unseren amerikanischen Korrespondenten über die Angelegenheit unterrichteten, meinte er, dass Derartiges in den USA nicht passieren würde, es sei denn, den zuständigen Behörden gelingt durch eigenes Nachforschen der sichere Nachweis, dass eine Schildkröte illegal ist (die in Deutschland geltende Beweislastumkehr, d.h. dass ein Betroffener im Streitfall gegenüber der Naturschutzbehörde die Legalität und Identität eines in seinem Besitz befindlichen Tieres nachweisen muss, gilt nämlich in den USA nicht). Da ein derartiger Behörden-Nachweis in der Regel einen hohen Zeit- und Kostenaufwand bedeutet, verzichten die US-Behörden auf ihn. In der Praxis werden Schildkröten in den USA deshalb nur dann konfisziert, wenn eine Schildkröten-Schmuggelaktion auffliegt.

Auch in den Benelux-Staaten, so versicherte uns ein befragter holländischer Fachmann, wäre ein derartiges Vorgehen ausgeschlossen.

 

Dieser Bericht wurde am 7. November 2009 online gestellt.