In seiner jüngsten Veröffentlichung in Heft 1/2009 der Schildkröten-Fachzeitschrift Schildkröten-Im-Fokus geht Horst Köhler noch einmal auf das Thema "Über Bewegungsradien und Ruhepausen wild lebender maurischer Landschildkröten" ein. Im Zusammenhang mit der Erkundung der UV-B-Strahlung, die auf europäische Landschildkröten im Sommer im natürlichen Verbreitungsraum einwirkt, verfolgte er über mehrere Stunden hinweg die Laufwege und sonstigen Aktivitäten von zwei verschiedenen Landschildkröten Testudo graeca ibera in der Südtürkei. Die erste der beiden beobachteten Schildkröten legte in etwas über fünf Stunden ingesamt nur 3,25 m zurück, bevor sie um die Mittagszeit zur heißesten Tageszeit (30 °C im Schatten) in einem nicht überschaubaren weitflächigen Opuntien-Dickicht verschwand. An einem anderen Tag konnte eine zweite Schildkröte über acht Sunden hinweg beobachtet und ihre Laufwege vermessen werden: dieses Tier legte zwar in dieser Zeit insgesamt 63,5 m zurück, doch erfolgten diese Wanderungen insgesamt auf einer Fläche von nur etwa 45 qm. Neben diesen beiden Landschildkröten wurden auch noch weitere Tiere während der einwöchigen Studien wiederholt gesichtet, und zwar an den gleichen Standorten, so dass man durchaus von einer gewissen Standorttreue dieser Population sprechen kann.

 

Standorttreueklein

Genau entlang des am Ende des Beobachtungszeitraumes zur Fotodokumentation) ausgelegten Signalbandes und des 2 m langen Meterstabes hat sich eine der beiden beobachteten Landschildkröten zwischen 7.30 und etwa 11 Uhr am 1. Juni 2008 bewegt. Insgesamt hatte das Tier bis 12.40 Uhr lediglich etwas über 3 m zurückgelegt. Foto: Horst Köhler

Gleiche Beobachtungen von anderen Schildkröten-Reisenden
Einige Leser bestätigten diese Beobachtungsergebnisse. So schrieb Hans-Ulrich Schmidt aus Bünde, dass er über die Jahre hinweg ein Schildkrötenbiotop von Testudo hermanni hermanni auf Menorca besucht und dabei immer wieder die gleichen Tiere angetroffen habe. Er ist sich an Hand einiger markanter Sturz- und Bissverletzungen und einem genauen Fotoabgleich ganz sicher, dass es sich tatsächlich um die gleichen Schildkröten handelt. Veröffentlicht hat er seine Beobachtungen zur Schildkröten-Standorttreue unter dem Thema "Testudo hermanni hermanni auf Menorca" vor allem in den Ausgaben 2/2006 und 1/2008 der DGHT-Zeitschrift Radiata.
Eine Besucherin von schildi-online.eu aus dem Raum Friedberg/Bayern bereist seit fünf Jahren außerhalb der Urlaubs- und Feriensaison ein Schildkrötenbiotop bei Side in der Türkei, meist sogar zwei Mal im Jahr und findet dort ebenfalls zahlreiche standorttreue Tiere (siehe Bild unten). Sie erkennt sie an eindeutigen Merkmalen wie Schäden am Panzer, leichten Missbildungen, speziellen Krallenformen usw. Sie stellte fest, dass vor allem ältere Tiere ihren "Wohnsitz" dauerhaft beibehalten. Sie hat diesen Schildkröten sogar Namen vergeben und erkennt sie bei jedem neuen Besuch sofort wieder

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Diese am 1. März 2007, also im sehr zeitigen Frühjahr, von der im Bericht erwähnten Schildkröten-Freundin in der Südtürkei aufgenommene maurische Landschildkröte (Testudo graeca ibera) ist eine sehr gute Bekannte der Fotografin, die bei jedem ihrer Besuche auf dieses Tier trifft. Sie erkennt es sofort an der Form der Krallen, der Beinschuppen, der leichten Panzerschäden und der etwas ungewöhnlichen Stellung des hintersten Randschildes des Rückenpanzers (Schwanzschild, Supracaudale). Der Bewegungsradius der Schildkröte, vermutlich ein Männchen, das nach Angabe der Fotografin "grundsätzlich mies gelaunt" sei, beträgt nur ungefähr 100 m.

 

Quelle:
Köhler Horst (2009): Über Bewegungsradius und Ruhepausen wild lebender maurischer Landschildkröten. Schildkröten-Im-Fokus, 6. Jahrgang, 1. Februar 2009, S.29-34

Horst Köhler (17. Februar 2009)