Frage: Ich bin seit zwei Jahren im Besitz eines adulten Pärchens von Testudo graeca ibera (0,1 ca. 30-40 Jahre und 1,0 ca. 10 Jahre) und eines semi-adulten Weibchens aus dem Jahr 2002. Dazu haben wir noch Jungtiere aus der Saison 2007 und 2008. Bild 1 zeigt die derzeitige Gruppe, Bild 2 unser Schildkröten-Schutzhaus im Freigehege.

 

JanineBild1Bild 1: Unsere fünf Maurischen Landschildkröten, Testudo graeca ibera, einträchtig nebeneinander in ihrer Schutzhütte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was kann der Grund dafür sein, dass das immerhin fast neun Jahre alte semi-adulte Weibchen erst 500-600 g wiegt und auch im letzten Jahr (2010) nicht wesentlich zugenommen hat? Hängt es vielleicht mit dem Ortswechsel zusammen? Die Tiere sind alle entwurmt in die letzte Winterruhe 2010/11 gegangen.

Meine zweite Frage: ich habe momentan Interesse an einem weiteren wunderschönen, glatt gewachsenen ibera-Weibchen aus dem Jahr 2005, das zu meiner Überraschung schon jetzt zwischen 1,4 und 1,5 kg wiegt. Kann das denn überhaupt sein? Wenn ja, warum ist es dann im Vergleich zu meinem drei Jahre älteren Weibchen so schwer? Oder handelt es sich um eine Riesenform?

J.G.

 

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Bild 2: Unser fast 2 qm großes Schutzhaus hat zwei Seiten aus Alltop und einen Deckel, in den ein Wärmestrahler, einen Thermotimer und ein automatischer Öffner installiert ist. Hinten links, durch Tücher abgetrennt, der Schlafbereich unserer Tiere, den sie sehr gerne annehmen. Das Schutzhaus steht in einem etwa 40 qm großen Gehege, das mit Erde, Muschelgrit und Steine als Untergrund ausgelegt ist. Als Bepflanzung haben wir einen Bambusstrauch gewählt: die Tiere rascheln gerne durch die herabgefallenen Bambusblätter und der Strauch ist zugleich ein guter Sichtschutz zu unseren Nachbarn. Beide Fotos von J.G.

Antwort: Wenn ein Maurisches Schildkröten-Weibchen mit 8-9 Jahren erst 600 g Gewicht hat, dann halte ich dies eigentlich für sich allein gesehen nicht für sehr dramatisch. Viel interessanter und aussagekräftiger ist erst der Zusammenhang zwischen Größe und Gewicht. Messen Sie also bei Ihrem Tier den Längs- und Querumfang und gehen mit dem Produkt daraus in meine Wachstumskurve für Testudo graeca ibera-Wildtiere in www.schildi-online.eu; dann werden Sie schnell sehen, ob Ihr Weibchen untergewichtig und damit evtl. krank ist oder nicht. Es ist auch nicht so ungewöhnlich, dass ein semi-adultes Tier ein Jahr lang kaum an Gewicht zunimmt (ältere Landschildkröten werden ohnehin kaum merkbar schwerer) – möglicherweise ist die Zunahme im Jahr darauf dann umso deutlicher.
Wenn eine erst sechs Jahre alte Maurische Schildkröte schon fast 1,5 kg wiegt, wurde sie vielleicht falsch ernährt, auch wenn sie glatt gewachsen ist (Letzteres ist übrigens bei Maurischen Schildkröten im Gegensatz zu den "Griechen" fast immer der Fall). Dies zu beurteilen, ist mir ohne aussagekräftige Fotos vom Tier leider nicht möglich. Gehen Sie also auch hier wie oben beschrieben vor und stellen Sie selbst fest, was eine frei lebende Landschildkröte in dieser Größe in ihrer Heimatregion wiegen würde. Das gibt Ihnen zumindest einen Richtwert zur Orientierung. Und dafür ist diese Grafik auch aufgestellt worden.
Riesenwachstum gibt es durchaus (vor allem wenn die Tiere von ihrem Halter regelrecht gemästet werden), bei wild lebenden Testudo graeca ibera in der Türkei allerdings eher seltener; frei lebende „Giganten“ unter den Maurischen Landschildkröten kommen in der Regel in Bulgarien oder Rumänien vor (siehe Artikel „Riesenwachstum: die bisher größten gefundenen Maurischen Landschildkröten, Testudo graeca (ibera)“ in der Rubrik "Berichte & Artikel" vom 25. April 2011).

 

Horst Köhler (27. Mai 2011)