Text und Bilder von Gudrun Maria Lück, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Hinweis: Die Autorin des nachfolgenden Artikels (Bild 1) hat meine Gedanken zum Verschleudern von Schildkröten-Schlüpflingen gelesen und ihre Meinung zu diesem Thema niedergeschrieben. Dass mir von einigen Foren-Liebhabern zu Unrecht schlechtes Verkaufsverhalten, Gewinnstreben und mangelnde Liebe zu Schildkröten (!) vorgeworfen wurde, nur weil ich meine Nachzuchten um 55 € verkaufte, hatte Konsequenzen: Meine letzten Nachzuchten aus 2015 sind verkauft, die Zuchttiere verschenkt, die früheren Gehege abgebaut und das Finanzamt, an welches 19 % MWSt vom Verkaufspreis abzuführen war, von der Zuchteinstellung informiert. Doch das Abgeben von Nachzuchten zu Schleuderpreisen um 35 € und darunter bleibt auch weiterhin ein Thema, auch für diese Website.
Dem ausdrücklichen Wunsch der Autorin, ihren Text unverändert zu veröffentlichen, wurde entsprochen.
Horst Köhler
Bild 1: Die Autorin mit ihrer Patenschildkröte „Catweezle“, die sie von ihrer zuständigen Unteren Naturschutzbehörde anvertraut bekam. Dieses Tier wurde wahrscheinlich ausgesetzt und als Fundtier gemeldet. Es war von Füchsen und Wildtieren schlimm zugerichtet worden und wurde von der Autorin mit Hilfe eines reptilienkundigen Tierarztes wieder gesund gepflegt.
Sehr geehrter Herr Köhler, wir kennen uns nicht, aber mich begleitet mit vielen anderen ebenfalls wertvollen guten Werken Ihr Buch „Aufzucht von europäischen Landschildkröten-Babys“ seit vielen Jahren. Dieses Buch hat mir zu einer artgerechten Haltung und Zucht meiner Tiere verholfen. Dass Sie Ihr Hobby aufgegeben haben aufgrund von Anschuldigungen Fremder, die der Meinung sind, dass man mit der gesunden Annahme eines „Aufzucht-Entschädigungsgeldes“ für die Abgabe eigener Nachzuchten das große Geld scheffeln will, bedaure ich sehr. Wie erwähnt, bin ich ein Fan von Ihnen und schätze Ihre Arbeiten sehr. Ich selbst arbeite ebenfalls an einem Schildkrötenbuch, während ich meine Elterntiere, die ich zumeist von Babys an groß gezogen habe, beobachte und alles für die „Nachwelt“ notiere, was mir wichtig erscheint. Es kostet unheimlich viel Zeit und es ist ein Mega-Aufwand, neben den ganzen Behördenpapieren und Fotos für die Dokumentationen alles festzuhalten und eben nicht NUR zu züchten. Die Nächte die ich an Auswertungen und anderen Arbeiten am PC verbringe, kosten mich nicht viel Geld, aber oft viel Kraft.
Kritiker wissen nicht immer alles
Ich bin kein Freund von Foren. Auch wenn ich oftmals darin lese, verabscheue ich die Menschen dort, die einen z.B. hilfesuchenden Anfänger, anstatt ihm zu helfen und nett aufzuklären, fertigmachen bis der Betreffende nicht selten verzagt und sich gar nicht mehr traut, irgendwo irgendwelche Fragen zu stellen. Nicht selten, da bin ich mir sicher, müssen aus dieser Unsicherheit heraus dann Tiere sterben, weil Frau oder Mann Angst hat, Fehler zu melden und sich Hilfe zu holen. Diese verzweifelten Menschen wenden sich oft telefonisch oder per Mail mit Fragen an mich, weil sie erfahren haben, dass ich niemanden vorverurteile und jeden so sein lasse, wie er sein möchte und jedem gerne zum Schutz dieser Tiere beratend zur Seite stehe. Denn es geht mir dabei rein nur um die Tiere und deren Gesundheit.
Bild 2: Nach viel Arbeit, viel Liebe und vielen, vielen investierten Euros in die Zucht: meine ersten Nachzuchten nach 12 Jahre langem Aufbau der Zuchtgruppe und Aufzucht der Elterntiere von Babygröße an.
Und ich bin mir sicher, dass genau diese Menschen (die andere in Foren niedermachen, ob gewollt oder ungewollt) die sind, die sich die Mäuler über einen anständigen Züchter zerreißen, der nicht mal all die Kosten, die er hatte, einfordert für ein Abgabetier, weil diese Menschen sich in der Anonymität der meisten Foren und des Internets aufspielen und meinen, mitreden zu können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Nörgler nicht wissen, wie die Stromrechnung eines Züchters aussieht, der für die artgerechte Haltung der Elterntiere an nichts spart. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Leute nicht wissen, was eine gute UV-Beleuchtung kostet und wie oft sie getauscht werden sollte – nicht wissen, wie teuer eine EU-Bescheinigung ist, die gute Fotos benötigt. Nicht wissen, dass man für eine Kühlschranküberwinterung auch für eine ganze Zucht Kühlschränke benötigt. Ich habe für meine Tiere drei mannshohe Kühlschränke im Gebrauch!
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass diese Nörgler nicht wissen, wie eine Wasserrechnung aussieht für die Versorgung eines 100-Quadratmeter-Geheges, in dem die Tiere immer sauber und stolz den Schildkrötenkäufern präsentiert werden und die Tiere sich wohl fühlen. Sepia, Muschelgrit, Brutsubstrat, Kunstglucken, immer wieder frische Erde und Sand, alles muss erneuert werden, wenn es hygienisch zugehen soll. Überwinterungsbehälter noch und noch, Gewächshausausbesserungen usw., man kann gar nicht alles aufzählen, soviel ist es: Markierungsstifte, Entwurmung, Agrobs im 8-kg-Züchterpacks, Agrobs-Baby für die Nachzuchten, Vita Lux 300 Watt fallen mir spontan noch ein.
Dürfen solche Personen überhaupt über uns Züchter eine Meinung abgeben?
Meine Tiere müssen auch zu gewissen Zeiten zugefüttert werden, auch wenn das Gehege noch so groß ist, es geht nicht anders. Ich habe aber noch keinen Laden gefunden, der mir all das Futter schenkt. Stellen Sie sich mal vor, diese Geschäfte wollen alle an ihrem Grünzeug verdienen, weil sie - wie wir - nicht bereit sind, einem wildfremden Menschen ihre Arbeitskraft, ihr Wissen und ihr Geld zu schenken.
Bild 3: Zwei semi-adulte Weibchen in einem meiner Gehege, die sich gerade der Morgensonne zuwenden und aufwachen. Diese beiden schlafen immer gemeinsam in ihrer Lieblingshöhle und sind definitiv keine Einzelgänger.
Mein Verkaufspreis: 85 Euro
Und genau deshalb kosten bei mir Nachzuchttiere auch keine 40 € und schon gleich gar nicht 25 €, sondern genau 85 €. Richtig gelesen, 85 €, weil mir der Tierarzt auch keinen Herpestest der Elterntiere schenkt und weil mir der Stromanbieter den Strom nicht umsonst liefert. Und weil meine eigens für meine Tiere mitgenutzte Wohnung für all die Arbeiten und Pflegedienste an meinen Tieren, für all die Dinge, die ich zu ihrer Versorgung brauche, und ja irgendwo untergestellt werden müssen, auch nicht umsonst ist, auch wenn es sich um die untere Wohnung meines Zweifamilien-Eigenheimes handelt, will die Bank ihr Geld monatlich dafür sehen und schenkt mir ebenfalls nichts.
Ich investiere für jeden Käufer mindestens zwei bis drei Stunden Aufklärungszeit, damit auch ein Anfänger ein solches Tier halten kann. Ich bringe dem Käufer das Leben dieser Tiere von Anbeginn der Entstehung nahe, um ihm zu zeigen, wie wertvoll so ein Tier ist, indem ich jedes Ei, aus dem ein Baby schlüpft, für den Käufer säubere und es ihm in einem Gläschen mit Korken liebevoll übergebe, als Andenken wie dieses Lebewesen einst mühsam entstanden ist. Nicht mal die Glasherstellerfirma schenkt mir diese vielen Gläschen, unglaublich oder?
Hallo Leute, werdet doch mal wach, ich habe mich bis heute immer sehr zurückgehalten und oft bei wirklich dummen und arroganten Kommentaren in Foren eine Faust in der Tasche gemacht. Doch heute habe ich das Bedürfnis zu reden, weil es mich maßlos ärgert, dass man jetzt schon solche Fachleute wie Herrn Köhler aus der Zucht und dem Hobby herausekelt.
Bild 4: Eines meiner Nachzuchttierchen aus dem Jahr 2014. Meine Schildkrötenkäufer kommen trotz des Preises von 85 Euro pro Tier und der vielen „günstigeren“ Angeboten im Internet nicht selten und immer wieder von weit her. Sie sind froh, ausführlich beraten zu werden.
Wenn ich mir die Preise für Toilettenpapier ansehe: Selbst ein Toilettenpapier-Hersteller darf für seine Dienste Geld, und zwar soviel fordern, wie er braucht, um zumindest seine Kosten zu decken. Aber eine Schildkröte, die so ein wertvoller Diamant der Natur ist, und den wir Züchter für die Menschheit zu erhalten versuchen, soll dies nicht wert sein?
Ist man sich nicht darüber im Klaren, dass man nur gesunde Nachkommen hat, die irgendwann wieder Nachkommen haben, wenn die Elterntiere gesund sind? Ist man sich nicht darüber im Klaren, dass diese Elterntiere entweder über zehn oder mehr Jahre erst mal groß gezogen werden müssen, während man auch die laufenden Kosten trägt, nach denen keiner fragt? Ist man sich darüber im Klaren, dass der Aufbau einer Zucht Tausende von Euro schluckt? Wenn man Pech hat, gerät man als Anfänger an einen „Billigzüchter“, der seine Tiere unbedingt für wenig Geld los werden möchte und einen dann noch mit der Bruttemperatur angelogen hat, weil man nach sieben Jahren feststellt, dass man ja doch „nur“ Männchen gekauft hat und mit dem Zuchtaufbau von vorn beginnen muss, sich von lieb gewonnen Tieren trennen muss um irgendwann doch züchten zu können - um des Erhalts dieser wertvollen Tiere?
Ich wünschte, ich hätte den Artikel von Herrn Köhler über seine Erfahrungen viel früher gelesen. Ich habe ihn nur durch Zufall entdeckt, weil ich nach Infos über Albinoschildkröten gesucht habe, die leider mit ihrem Gendefekt unter Sammlern so beliebt sind, für die viel Geld ausgegeben wird um diese wieder zu verpaaren - um wieder weiße Tiere hervorzubringen, die einen Gendefekt haben und in ihrer Gesundheit benachteiligt sein können. Es ist unglaublich, aber da schreit kein Mensch, dass das, was ich übrigens als Qualzucht ansehe, für so viel Geld verkauft wird. Da wird mit „kranken“ Schildkröten viel mehr Geld gemacht als jemals reingesteckt wurde, und das ganz bewusst. UM so etwas sollte man sich kümmern, nicht um einen ganz normalen Züchter, der seine Nachzuchten liebevoll großzieht und mit seinem Wissen und Erfahrungen uns allen Züchtern und auch den Käufern so wertvolle Infos übermittelt.
Geldverdienen ist nicht strafbar
Geld verdienen ist heutzutage Gott sei dank noch nicht strafbar, aber das tun wir ja als Züchter, die einen anständigen Preis für anständige Nachzuchten aus einer anständigen verantwortungsvollen Zucht verkaufen, nicht mal. Wir legen trotzdem drauf, weil wir unser Hobby lieben, weil wir uns dem Tierschutz versprochen haben, weil wir verhindern wollen, dass illegal Raubbau in den Habitaten verübt wird. Ein Züchter, der einen angemessenen Preis für seine Nachzucht nimmt, kann wohl mit ruhigem Gewissen sagen, dass er mehr Geld in seine Tiere investiert, als er jemals zurückbekommen kann. Da finde ich Herrn Köhlers Zweifel richtig, dass man sich schon Gedanken machen darf, egal ob als Züchter oder als Käufer, ob jemand wirklich genug in die Gesundheit seiner Zucht investiert und diese Nachkommen auch ein langes Leben zu erwarten haben, wenn jemand seine Tiere so preisgünstig abgeben oder sogar verschenken kann. Bei Tieren und Elterntieren, die regelmäßig reptilienärztlich betreut wurden, deren Kot regelmäßig untersucht wird, die mehrmals einen Herpestest hinter sich haben, die regelmäßig Winterschlaf halten, die ein Gehege haben, das Auslauf und artgerechte Unterbringung garantiert, finde ich, kann man von einem guten Züchter nicht erwarten, dass er seine Tiere an Fremde verschenkt. Wir Züchter machen eh‘ Verluste genug, denn auch uns treffen die ständigen Erhöhungen der Lebenshaltungskosten der „normalen“ Menschen, wir bekommen nichts geschenkt, aber verschenken schon genug, weil die Schildkrötenzucht unser heiß geliebtes Hobby ist und wir eine große Ehrfurcht vor diesen wundervollen Diamanten der Natur haben und wir mit Stolz an unseren Nachzuchten hängen.
Diesen Artikel schrieb ich nicht, um irgendjemand zu schützen, auch nicht um mich für meine Preise zu rechfertigen, sondern zum Schutz aller Schildkröten, die auf dem Markt für ein paar Euro verschleudert werden und damit zum „Einwegspielzeug“ der Gesellschaft werden können, so wie es damals schon mal war, als der Mensch die Natur ausräuberte und alles zum Erliegen brachte, was wir Züchter jetzt versuchen wieder aufzubauen und zu retten. Dann bekommen wir Schildkröten wohl auch bald beim Discounter?
Bild 5: Ein Schildkrötenbaby aus dem Jahr 2013 von unserem Muttertier „Paloma“. Ich hatte bisher immer mehr Interessenten als Babys. Sollten mal wirklich welche nicht verkauft werden, hätte ich genügend Platz, um sie einige weitere Jahre unterzubringen. Ein „Billigverkauf“ kommt für mich jedenfalls nicht infrage.
Rassekatzen und –Hunde haben ihren Preis, Schildkröten aber nicht
Mit welchem Recht ist dann eigentlich eine Rassekatze oder ein Rassehund so teuer, wenn nicht mal ein so wertvolles Wildtier wie die Schildkröte geschätzt wird? Hierzu möchte ich noch ergänzend sagen, dass ein guter Züchter sich immer weiterbildet und auf dem neuesten Stand der Wissenschaft ist, indem er teure wissenschaftliche Zeitschriften liest oder Infotermine von Fachkundigen oder Vorträge besucht, was alles Geld kostet. Auch sind wir zum Infoaustausch oft in mehreren Vereinen oder Interessengruppen, um uns gegenseitig zu helfen und zu bestärken - auch dies kostet Geld und Zeit. Niemand schenkt uns etwas, warum sollten wir dann nicht wenigstens einen Teil dessen verlangen dürfen, was wir in die Tiere investiert haben?
Züchter, ja die bösen Züchter, die wollen doch glatt auch noch Geld dafür haben, dass Schildkröten ihr Hobby sind? Wenn bei mir jemand versucht, den Preis zu drücken, dann zeige ich grundsätzlich meine Stromrechnung her und frage denjenigen, ob er vielleicht etwas davon übernimmt.
Falls sich jemand aufregen will, ich liebe Katzen und auch Hunde und mein Vergleich mit den Rassekatzen oder -Hunden ist nicht böse gemeint. Ich finde auch da den Preis gerechtfertigt, denn niemand sieht die viele Arbeit hinter einer Zucht, egal welches Tier gezüchtet wird. Aber ich finde eben, dass Schildkröten langsam auch mal so wie andere Rassetiere wertgeschätzt werden. Dann würde auch in vielen Fällen sicher nicht so leichtfertig auf UV verzichtet werden oder auf einen Freilauf oder gar auf den so wichtigen Winterschlaf.
Lieber Leser dieses Beitrages, im Namen meiner geliebten Schildkröten, meiner geliebten Katzen und meiner geliebten Hunde bedanke ich mich für Ihre Geduld, diesen Artikel bis zum Schluss gelesen zu haben. In meinem in Vorbereitung befindlichen Buch „Mein erstes Gelege“ werde ich aus aktuellem Anlass auf dieses Thema sehr genau eingehen, um die Wertschätzung der Schildkröten in unserer unbelehrbaren Wegwerfgesellschaft wieder etwas aufzupolieren. Diese Gesellschaft kann sich alles leisten, nur bei der Liebe zu den Tieren hapert es oft, was mich sehr traurig macht. Haben wir denn gar nichts aus der Vergangenheit gelernt?
Sachliche Zuschriften sind willkommen
Im Gegensatz zu manch anderen habe ich keine Angst, öffentlich kritisiert zu werden oder auch öffentlich andere Meinungen zu hören.Deshalb darf mir der Leser gerne seine/ihre Meinung zu diesem Artikel mitteilen (Kontakt siehe Autorenzeile zu Beginn des Beitrags). Unhöfliches oder gar Beleidigendes landet allerdings sofort im Papierkorb, da ich meine Zeit lieber in den Tierschutz stecke und Schildkröteninteressierte über die Haltung aufkläre und ihre Fragen beantworte, ohne dabei jedoch jemanden anzuklagen oder zu kritisieren. Jeder Kommentar, der mir zugeht, darf auch veröffentlicht werden, dies bitte ich vorab zu berücksichtigen, selbstverständlich mit weiteren Kommentaren von mir.
Dieser Artikel darf übrigens, auch mit der ausdrücklichen Einwilligung des Betreibers dieser Website, Herrn Köhler, unzensiert und unverändert mit Angabe der Erstveröffentlichung publiziert werden, doch man sollte mir (und auch Herrn Köhler) bitte vorher kurz Bescheid geben, wo und wann er erscheinen wird.
Dieser Beitrag wurde am 2. August 2016 online gestellt.