Außergewöhnlich negative Erfahrungen mit Spornschildkröten-Schlüpflingen
2. Teil
von Horst Köhler, Friedberg
Inhalt Teil 2: Zusammenfassung von Teil 1; Neukauf von fünf weiteren Spornschildkröten-Nachzuchten; Leider wenig hilfreich: Sektionsergebnisse der Geschwistertiere Nr. 2 und 4; Kampf um Nr. 5 und 6; Blutuntersuchung: ja oder nein? Erfahrungen und Aussagen anderer Spornschildkröten-Halter; Was Spornschildkröten-Babys wiegen sollten; Was beim Kauf zu beachten ist.
Zusammenfassung des 1. Teils
Etwa ein Jahr ist es nunmehr her, dass der 1. Teil dieses ungewöhnlichen zweiteiligen Berichtes online gestellt wurde. Er steht nach wie vor in voller Länge weiter unten in der gleichen Rubrik zum Nachlesen zur Verfügung. Ich empfehle dies, weil ich im 2. Teil längere Wiederholungen vermeiden möchte.
Zur Erinnerung: mein Bekannter, zwar Schildkröten-Neueinsteiger, aber im Umgang mit diesen Reptilien deswegen nicht unerfahren, weil er seit vielen Jahren die Schildkrötenpflege während meiner Abwesenheiten übernimmt und auch schon mal Gelege ausgräbt, kaufte sich im März 2011 von einem Lieferanten aus NRW vier kleine Spornschildkröten-Babys (Geochelone sulcata; hier mit Nr. 1-4 bezeichnet), die bei ihrer Ankunft zwischen 41 und 46 g wogen; geschlüpft waren sie laut "Nachweis-Papier" im Februar 2011. Als sie schon zwei Wochen später trotz richtiger (von mir kontrollierter) Haltung schlecht fraßen und kaum merkbar an Gewicht zulegten bzw. sogar abnahmen, legte sich der Schildkrötenfreund Anfang Juli 2011 auf der Augsburger Reptilienbörse noch zwei weitere Jungtiere (Nr. 5 und 6) eines anderen Züchters zu, die mit Schlupfdatum Dezember 2010 etwas älter und auch schwerer als Nr. 1-4 waren.
Von diesen sechs Tieren gingen Nr. 1-4 trotz der Bemühungen der mehrmals in Anspruch genommenen reptilienkundigen Tierärztin und einer wochenlangen Intensivpflege durch mich ein bzw. mussten eingeschläfert werden, das letzte im Januar 2012. Der erwähnte Verkäufer aus NRW erstattete dem Besitzer immerhin den vollen Kaufpreis zurück und lieferte als Entschädigung für die hohen Tierarzt- und Medikamentenkosten und die ständige große Enttäuschung im September 2011 kostenlos noch zwei Spornschildkröten-Babys als Ersatz (Nr. 7 und 8). Diese beiden Tiere sollen - so versicherte der Verkäufer – angeblich von einem anderen Züchter als die Schildkröten-Jungtiere Nr. 1-4 stammen.
Diese acht Schlüpflinge von drei verschiedenen Züchtern wurden vorübergehend in einem gemeinsamen großen Gehege gehalten, und in der warmen Jahreszeit im Garten-Freigehege. Die Infektionsgefahr war somit schon groß, doch der Besitzer ging davon aus, dass ihm nur gesunde Tiere verkauft wurden. Wie sich später herausstellen sollte, war diese zeitweise Gemeinschaftshaltung allerdings nicht die Hauptursache des Problems.
Neukauf von fünf weiteren Spornschildkröten-Nachzuchten
Als im Januar 2012 mit Nr. 2 auch das letzte der ersten vier Jungtiere im Alter von nur 11 Monaten verstorben war, übernahm ich Nr. 5 und 6 in Dauer-Intensivpflege; es handelt sich bei ihnen um die beiden Schildkröten, über die ich in diesem Artikel ausführlicher berichte. Sie befinden sich auch heute noch bei mir; dies sei an dieser Stelle schon mal verraten.
Doch lange hielt es mein Bekannter mit den zwei ihm verbliebenen, weiterhin schlecht fressenden Spornschildkröten-Babys Nr. 7 und 8 nicht aus. Er erwarb im April 2012 auf der Reptilienbörse in Ulm fünf weitere Spornschildkröten-Babys, in der Hoffnung, dass er diesmal mehr Glück haben würde und dass die neuen Tiere seine Nr. 7 und 8 zu vermehrter Futteraufnahme bewegen würden. Doch eines der fünf neuen Tiere kränkelte schon nach zwei Wochen ohne ersichtlichen Grund. Anfang Mai 2012 stellte ich es deshalb der Tierärztin vor. Doch das Tier überstand die Behandlung leider nicht: einen Tag später saß es tot im Terrarium.
Der Besitzer hatte nun verständlicherweise endgültig genug von der Pflege von Spornschildkröten-Babys und gab die vier übrigen Jungtiere ihrem Vorbesitzer gegen Erstattung des Kaufpreises zurück.
Bild 1: Dass Wachstumsprobleme bei Spornschildkröten kein Einzelfall sind, zeigt dieses Bild aus dem Gehege eines anderen Schildkrötenfreundes. Die kleine Schildkröte neben der großen, geschätzt etwa 25 kg schweren Spornschildkröte ist sechs Jahre alt, bringt aber nur knapp 600 g auf die Waage. Nach Aussage ihres Besitzers ist sie jedoch vital, hat Appetit und zeigt keine äußerlichen Krankheitssymptome.
Leider wenig hilfreich: Sektionsergebnisse der Geschwistertiere Nr. 2 und 4
Wie im 1. Teil des Artikels ausgeführt ist, wurde die am 7. September 2011 eingeschläferte Schildkröte Nr. 3 (siehe Bild 2 unten) noch am gleichen Tag an das Untersuchungsteam Dr. Silvia Blahak (Detmold) geschickt. Doch erstaunlicherweise wurde außer der ohnehin bekannten Diagnose „Rachitis“ nichts Ungewöhnliches gefunden. Daher war ich froh, dass sich nach dem Tod von Tier Nr. 4 (verstorben am 18.12.2011) und Nr. 2 (verstorben am 14.1.2012 bei einem Gewicht von 47 g) ein bekannter Schildkröten-Fachmann, dem ein modernes Untersuchungs-Equipment wie z.B. ein Rasterelektronenmikroskop zur Verfügung steht, bereit erklärte, die beiden eingegangenen Schildkröten gründlicher zu untersuchen. Mit ihm führte ich über die kümmernden Tiere schon seit geraumer Zeit einen Email-Austausch und telefonierte mehrmals; es war sogar eine gemeinsame Veröffentlichung geplant.
Bei der Sektion von Nr. 4 stellte er eine deutlich vergrößerte und verstopfte Harnblase fest: die Schildkröte konnte also kaum noch Flüssigkeit ausscheiden. Ferner zeigte sich eine toxisch veränderte Leber und eine überdehnte Lunge. Magen und Darm waren ohne Befund und mit etwas Inhalt gefüllt. Die Calciumaufnahme kann also nicht gestört gewesen sein. Weder bei der Schildkröte Nr. 2 noch bei Nr. 4 wurden Parasiten nachgewiesen: die im Juni 2011 durchgeführte zweimalige Eingabe von Panacur (Wirksubstanz: Fenbendazol) gegen die damals gefundenen Oxyuren (Befallstärke 3+) hatte also gewirkt, die ohnehin geschwächten Tiere aber vermutlich auch stark belastet. Bei Schildkröte Nr. 2 stellte der Untersucher eine Calcinose fest (übermäßige Ablagerung von Calciumsalzen im Gewebe). Hinweise auf eine Herpes-Infektion fanden sich nicht.
Bild 2: Spornschildkröten-Baby 3, hier am 3.4.2011, wenige Tag nach dem Kauf der vier Geschwistertiere Nr. 1-4 aufgenommen. Das Jungtier wog bei Erhalt 44 g, nahm bis Anfang Juni 2011 zwar um 6 g zu, doch dann stagnierte das Gewicht des immer schwächer werdenden Tiers bei 48 g. Am 7. September 2011 musste es im Alter von 7 Monaten eingeschläfert werden.
Ob und was nun der Grund für die Mangelsituation und letztendlich den Tod der stark geschwächten vier Tiere war, wollte der Experte durch weitergehende Untersuchungen ermitteln und versprach, mir die von ihm gemachten Spezialfotos der veränderten Organe mit einem ausführlichen schriftlichen Bericht zur Verfügung zu stellen. Doch trotz mehrerer Rückfragen meldete sich der Experte mehrere Monate lang nicht. Erst Ende November 2012, ein dreiviertel Jahr nach Überlassung der beiden toten Tiere Nr. 2 und 4, kam auf meine erneute Nachfrage schließlich ein denkbar knappes 5-zeiliges Endergebnis mit einem einzelnen Foto. Ich darf aber, so hieß es, weder das Foto verbreiten, noch vom Mini-Befund zitieren.
Daher an dieser Stelle nur so viel: beide Tiere, Nr. 2 und Nr. 4, hatten an der Speiseröhre (Ösophagus) einen 4 mm großen „Defekt“, der die Todesursache gewesen sein könnte. Ich vermute, dass diese "Veränderung" die Folge eines Magengeschwürs im Zusammenhang mit einer Darmentzündung war. Doch auf meine Rückfragen ging der Fachmann nicht ein; er brach den Kontakt zu mir ohne Grund ganz ab. Schade, denn so kann ich jenen Lesern dieses Artikels, die ebenfalls Spornschildkröten-Jungtiere mit Wachstumsproblemen besitzen, nicht wie ursprünglich geplant Sektionsergebnisse und deren Folgerungen präsentieren.
Enttäuschend für mich ist, dass letztlich bei drei durch ausgesprochene Fachleute untersuchte Schildkröten, die von mir zusammen mit den toten Tieren jeweils eine ausführliche Dokumentation erhielten, nichts Verwertbares im Hinblick auf die weitere Pflege und Behandlung von Nr. 5 und 6 herauskam.
Auch meine Tierärztin hätte sich sehr für verwertbarere Ergebnisse interessiert.
Kampf um Nr. 5 und 6
Mitte März 2012 übernahm ich die Spornschildkröten-Babys Nr. 5 (damals 69 g schwer) und Nr. 6 (100 g) schließlich endgültig; ihr bisheriger Besitzer war wohl froh, die kümmernden Tiere nicht mehr ständig sehen zu müssen. Nachdem die beiden Tiere jedoch auch bei mir kaum Futter trotz eines großen Angebots an diversen Futterpflanzen (siehe unten) zu sich nahmen, übergab ich sie Ende März 2012 für fünf Tage unserer Tierärztin zur Zwangsernährung. Als ich sie wieder abholte, hatten sie zwar je um 2 g zugenommen, fraßen aber immer noch nicht von selbst; ich war schon froh, dass wenigstens die größere ab und zu in ein Blatt biss. In Absprache mit der Tierärztin badete ich beide jeden zweiten Tag etwa 10 Minuten lang in verdünntem schwarzen Tee.
Mir und vor allem den beiden Schildkröten wollte ich eine weitere regelmäßige Zwangsernährung nicht zumuten. So hieß es abwarten. Mit dem Futterangebot experimentierte ich viel, wohl wissend dass nicht alles davon voll artgerecht ist. Doch es ging mir darum, dass die Tiere überhaupt etwas zu sich nehmen und nicht verhungern. Ich bot, nacheinander, außer den üblichen Futterpflanzen aus Wiese, Acker und unserem Garten folgendes in kleinen Portionen an:
♦ Diverse Salate (vorzugsweise in der kalten Jahreszeit)
♦ Gurkenstückchen
♦ Fein geschnittene Opuntienblätter
♦ Disteln
♦ Erd- und Himbeere
♦ Kirsche
♦ Rote und gelbe Melone
♦ Tomate
♦ Birne
♦ Orange
♦ Apfel
♦ Bohnen, Bohnenkerne
♦ Kriechendes Schönpolster (Golliwoog, Callisia repens): enthält u.a. 5,5 g/kg Rohfaser und 7,17 g/kg Rohasche
♦ Dorswal Baby-Landschildkrötenfutter: enthält u.a. 60 % Stärke.
Jede Futterportion wurde mit etwas
♦ Pre Alpin Testudo Baby-Pulver (enthält u.a. 26,4 % Rohfaser),
♦ Spirulina-Pulver,
♦ Nekton MSA (enthält u.a. 10.000 IE Vit. D3/kg, 3 g/kg Eisen, 1,26 g/kg Zink, 23,7 % Calcium und 18 % Phosphor) und
♦ zerstoßenen reptil raffy Mineral-Sticks von sera (enthält u.a. 30,3 % Rohprotein und 30.000 IU Vit. A/kg)
überstreut. Das rote raffy-Pulver sollte die beiden kleinen Schildkröten zur besseren Futteraufnahme animieren und den Grundbedarf an Mineralien sichern, siehe Teil 1 des Artikels. Die Tierärztin äußerte zwar Bedenken wegen des erhöhten Vitamin A-Gehalts der reptil raffy-Sticks (= 30.000 IU Vit A/kg), doch sehe ich darin aus folgendem Grund keine Gefahr:
Bild 3: Wenn eine 100 g schwere Landschildkröte diese Menge an reptil raffy Mineral (die Waage zeigt 5 g an) in einer Woche frisst, wäre ihr Bedarf an Vitamin A bereits voll gedeckt. Doch die beiden Sorgen-Babys Nr. 5 und 6 nahmen höchstens ein Drittel dieser Menge zu sich, so dass selbst durch die zusätzliche geringe Vitamin A-Aufnahme über das Wenige an gefressenen Futterpflanzen keine Überversorgung bestand.
Der wöchentliche Bedarf von Landschildkröten an Vitamin A beträgt etwa 1.500 IE/kg Körpermasse [Dennert, 2001], das normalerweise mit dem frischen Grünfutter aufgenommen wird. Bei einer 100 g schweren Schildkröte wären dies 150 IE je Woche. Reptil raffy Mineral enthält wie erwähnt 30.000 IE/kg Futter, d.h. wenn der Vitamin A-Bedarf allein durch die Sticks gedeckt werden müsste, müsste eine 100 g schwere Schildkröte davon 5 g je Woche zu sich nehmen (Bild 3). Tatsächlich hat sie aber nur einen kleinen Teil davon aufgenommen, so dass eine etwaige Vitamin A-Überrversorgung nicht zu befürchten ist.
Das Terrarium für Nr. 5 und 6 ist mit einem 75-W-Wärme- und Helligkeitsstrahler und einem UVB-Kompaktstrahler (26 W) ausgestattet (siehe Bild 7 in Teil 1). Beide Lampen sind etwa 7 Stunden täglich in Betrieb.
Als Bodengrund verwende ich fein gehackte, gereinigte Rinde (Repti Bark) aus dem Zoofachhandel. Es hatte sich schon bei den Spornschildkröten Nr. 1-4 gezeigt, dass die Art des Bodengrundes nichts mit dem Zustand der kümmernden Schildkröten zu tun hatte: das Verhalten und der Zustand der Schildkröten war unabhängig davon, ob ich Grasnarbe (Bild 4), ungedüngte Erde, Borkenhumus, Rosenmulch, Hanfstreu usw. einbrachte.
Im Sommer kamen die beiden in ein (bei starker Sonneneinstrahlung teilweise abgeschattetes Gehege auf dem Balkon, nur ein paar Schritte vom Terrarium entfernt, so dass sie möglichst lange in den Genuss der natürlichen Sonnenstrahlung kamen.
Bild 4: Eines der beiden Spornschildkröten-Babys im Terrarium neben einer frisch eingebrachten Grasnarbe, die jede Woche gegen eine neue ausgetauscht wurde. Im Hintergrund eine junge Griechische Landschildkröte aus meiner eigenen Zucht, die ich versuchsweise vorübergehend mit den beiden kümmernden Spornschildkröten-Jungtieren vergesellschaftete. Die Spornschildkröte war zum Zeitpunkt dieser Aufnahme fast ein Jahr älter als die Griechische Nachzucht aus dem Jahr 2012.
Langsam fingen meine beiden Patienten von selbst zu fressen an, wobei sie klein geschnittene Gurkenstückchen bevorzugten – ein erster Lichtblick nach vielen Monaten des Bangens und Hoffens. Allerdings muste ich das Futter zunächst extrem klein schneiden, da es die Tiere sonst nicht hinunterschlucken konnten. Größere Pflanzenteile blieben häufig im Schlund hängen; die Schluckversuche strengten die Spornschildkröten sichtlich an: nach wenigen Minuten waren sie meist so ermattet, dass sie das Fressen einstellten und den Rest des Tages vor sich hindösend oder schlafend verbrachten (Bild 5).
Bild 5: Ein fast alltägliches Bild: nach dem Fressen, das in der Regel nur am Vormittag stattfand, dann aber den Rest des Tages nicht mehr, schliefen die Jungtiere Nr. 5 und 6 erschöpft noch am Fressplatz ein. Etwa 80 % des angebotenen Futters musste täglich wieder aus dem Terrarium entfernt werden.
Nachfolgend einige der regelmäßig erfolgten Gewichtsaufzeichnungen der beiden Sulcata-Jungtiere Nr. 5 und 6 von April 2012 bis November 2013. Die Werte machen es verständlich, wenn ich in der Überschrift dieses Artikels von Null-Wachstum spreche: immerhin werden die beiden Schildkröten im Dezember 2013 schon drei Jahre alt.
Gewichtsentwicklung von Anfang April 2012 bis Mitte November 2013
Gewicht in g |
Nr. 5 |
Nr. 6 |
9. April 2012 |
69 |
104 |
14. Mai 2012 |
71 |
106 |
17. Juni 2012 |
78 |
106 |
10. August 2012 |
72 |
103 |
7. Oktober 2012 |
73 |
110 |
25. November 2012 |
74 |
109 |
31. Dezember 2012 |
75 |
110 |
3. Februar 2013 |
75 |
106 |
3. März 2013 |
77 |
104 |
21. April 2013 |
74 |
107 |
14. Juni 2013 |
69 |
109 |
21. Juli 2013 |
77 |
113 |
8. September 2013 |
79 |
117 |
17 November 2013 |
76 |
113 |
Auffällig sind die Gewichtsschwankungen, vor allem bei der Spornschildköte Nr. 5, während Nr. 6 wenigstens leicht zugenommen hat – wenn auch in der langen Zeit von fast 19 Monaten! Nach meinen Erfahrungen ist eine tägliche Gewichtskontrolle in solchen Fällen nicht zu empfehlen. Monatliches Wiegen reicht durchaus aus, denn für „empfindliche Gemüter“ ist es mehr als frustrierend, wenn die Schildkröte nach vielen Bemühungen endlich 1 g zugenommen hat, dann aber zwei Tage danach wieder 2 oder 3 g weniger wiegt! Solche Schwankungen sind bei Tier Nr. 5 fast die Regel, wie die Tabelle eindrucksvoll zeigt.
Ich bezweifle mittlerweile selbst, dass ich dieses Jungtier auf Dauer durchbekomme, zumal es aktuell beim Hochladen dieses Berichtes drei Tage hintereinander nichts gefressen hat und sich recht lethargisch gibt (Bild 6):
Bild 6: Besteht überhaupt noch Hoffnung für die Spornschildkröte Nr. 5? Die Waage zeigt 74 g an, doch allein schon an den Jahresringen ist zu sehen, dass die Schildkröte etwa 3 Jahre alt sein muss.
Wie ich schon bei den Tieren 1-4 beobachtete, ist auch bei Nr. 5 und 6 das Bewegungsbedürfnis auffällig gering, so dass beide auch heute noch in einem nur 60 cm langen Terrarium gehalten werden können. Meist ruhen die beiden Schildkröten tagsüber nebeneinander unter der Bestrahlungslampe und bewegen sich nur zum Fressen etwa 15 cm weit zur Futterplatte, und danach wieder zurück unter die Lampe. Aber auch im Freigehege nutzen sie die ihnen zur Verfügung stehende erheblich größere Fläche auch nicht annähernd aus. Wie schon die Tiere Nr. 1-4 meiden sie die helle Sonne und bevorzugen Schattenplätze (siehe Teil 1 des Artikels).
Einen gewissen Fortschritt sehe ich jedoch darin, dass sich beide beim Fressen seit einiger Zeit leichter tun als früher: sie beißen jetzt kleine Stücke aus größeren Pflanfzenteilen ab und können sich dabei auch mehr anstrengen als bisher ohne gleich einzuschlafen. Ihr Interesse an der Umgebung außerhalb des Terrariums ist größer geworden: sobald ich die Glastür des Terrariums öffne und neues Futter bringe, kommen mir beide entgegen – eine der wenigen Glücksmomente für den leidgeprüften Pfleger. Noch ein weiterer Fortschritt: die früher beim Baden ausgeschiedenen relativ großen Mengen an weißlichen Uraten (siehe Bild 8 im 1. Teil des Artikels) beobachte ich seit einiger Zeit nicht mehr.
Ende April 2013 ließ ich in einer Tierklinik von Nr. 5 und 6 frische Kotproben mikroskopisch untersuchen. Das Ergebnis war negativ, also weder Hinweise auf Magen-Darmwürmer, noch Einzeller, noch Kokzidien.
Blutuntersuchung: ja oder nein?
Nachdem mich die durchgeführten Sektionen von immerhin drei Schildkröten bei der erhofften Ursachenfindung nicht weiterbrachten, war zu überlegen, ob eine Blutuntersuchung und ein daraus erstelltes Chemogramm sinnvoll ist. Auch wenn eine Blutuntersuchung keine Garantie dafür ist, einen etwaigen Erreger tatsächlich auch zu finden und die Interpretation der Messergebnisse außerdem viel Erfahrung voraussetzt, könnte man zumindest eine Infektion ausschließen und ermitteln, ob trotz der Vitaminzugaben mit dem Futter ein Mangelzustand, z.B. ein Vitaminmangel, vorliegt. Zwar soll man Schildkröten mit weniger als etwa 180 g Körpergewicht kein Blut entnehmen [Eggenschwiler, 2000] und schon gleich gar nicht bei sehr schwachen Tieren wie in meinem Fall, doch mittlerweile gibt es modernere Analsysengeräte, die mit geringeren Probenmengen als 0,3 ml Blut auskommen.
Der dazu befragte Schildkröten-Spezialist Dr. Hans-J. Bidmon riet mir jedoch von dem Vorhaben ab. Es sei nicht sehr sinnvoll, so argumentierte er, Blut von einer Schildkröte zu entnehmen, deren Kondition sich möglicherweise gerade etwas bessert, weil dann der gemessene Proteingehalt im Blut falsch interpretiert werden kann. Eindeutig seien solche Rückschlüsse nur bei einem extrem schwachen Tier [Bidmon, 2012]. Um einen derartigen Schwächezustand jedoch zu erkennen, bedarf es keiner das Tier stressenden Blutuntersuchung.
Auch meine Tierärztin stand einer Blutentnahme wegen des anhaltend geringen Gewichts der beiden Tiere ablehnend gegenüber.
So ersparte ich den beiden Spornschildkröten-Jungtieren die Abnahme von Blut.
Erfahrungen und Aussagen anderer Spornschildkröten-Halter
Im Zusammenhang mit dem 1. Teil meines Artikels hatte ich auf der Startseite von www.schildi-online.eu zwischen Ende März und Anfang September 2012 Schildkrötenhalter mit ähnlichen Problemen bei ihren Tieren gebeten, sich zu melden. Es waren zwar letztlich nur sieben Personen, die den „Mut“ dazu hatten, aber ich vermute stark, dass die „Dunkelziffer“ größer ist. Übereinstimmend war die weitgehende Bestätigung der von mir geschilderten Symptome: kaum Wachstum trotz Futteraufnahme, rasche Ermattung beim Fressen (manche Tiere schlafen noch mit dem Kopf im Futter ein), wenig Bewegungsdrang, Aufsuchen von Schattenplätzen, nur um die auffälligsten zu nennen.
In einer der erhaltenen Zuschriften teilte mir der Verfasser mit, dass das Problem kümmernder Spornschildkröten-Jungtiere durchaus bekannt sei und auch bei jungen Pantherschildkröten auftrete. Verständlicherweise würden die Halter das Problem aber nicht thematisieren. Nach seinem Eindruck sind nicht nur einzelne Tiere eines Geleges betroffen, sondern sämtliche geschlüpften Geschwistertiere. Das nächste Gelege kann dann aber wieder in Ordnung sein. Da die Züchter ihre Jungtiere schon bald nach dem Schlupf an Händler oder an Privat abgeben, bemerken sie die Wachstumsprobleme unter Umständen erst dann, wenn sich die Käufer beschweren. Viele tun dies aber nicht, weil sie fälschlicherweise von eigenen Pflegefehlern ausgehen. Vorsichtig müsse man sein, hieß es weiter, wenn in diversen Anzeigen Tiere angeboten werden, die extrem untergewichtig sind. Eine 3 ½ -jährige Spornschildkröte mit 200 g Gewicht darf man eben nicht kaufen!
Eine Schildkrötenfreundin, die vier G. sulcatas besitzt, von denen zwei schon etwas ältere Kümmerlinge sind, vermutet, dass manche Züchter den Muttertieren Wehenmittel (Oxitocin) verabreichen, um zu erreichen, dass alle Eier gleichzeitig abgesetzt werden. Möglicherweise, so meint sie, sind dann bei dieser Praxis einige Eier noch nicht so weit entwickelt, dass daraus „gute“ Schildkröten werden. Ihre Spornschildkröte "Baghira" wiegt mit nahezu 7 Jahren noch keine 200 g (!), obwohl sie normal frisst und sich auch sonst ganz normal verhält. Ihr zweites Sorgenkind, das wegen eines starken Wurmbefalls allerdings eine längere Medikamentenbehandlung hinter sich hat, ist 4 Jahre alt und wiegt 300 g - für die Art ebenfalls viel zu wenig.
Eine andere Halterin schreibt mir, dass sie von einem Züchter ein 8 Monate altes Spornschildkröten-Baby mit 48 g und im gleichen Jahr (2010) vom gleichen Züchter ein zweites mit nur 3 Monaten erhielt, das lediglich 26 g wog. Nach zwei Monaten lebte keines der Jungtiere mehr. Trotz optimaler Einrichtung des Terrariums verhielten sich die beiden Kleinen schon kurz nach Erhalt lethargisch und zeigten die von mir geschilderten Symptome.
Angemerkt sei noch, dass dieser Züchter wenig später Probleme mit den zuständigen Behörden (Veterinäramt, Untere Naturschutzbehörde) bekam. Ich kann nur hoffen, dass er nicht weiterhin mit Schildkröten handelt.
Trotz ihrer nachvollziehbaren großen Enttäuschung legte sich die Schildkrötenfreundin zwei weitere Spornschildkröten-Nachzuchten von einem anderen Züchter zu, mit denen sie viel Freunde hat und die sich auch normal entwickeln.
Wie frustrierend die Beschäftigung mit kümmernden Spornschildkröten-Nachzuchten sein kann, beschreibt eine weitere Schildkrötenfreundin, die mir eine Gewichtsgrafik schickte. Sie erhielt einen Kümmerling geschenkt, der nach Papier angeblich 4 Monate alt und 36 g schwer sein sollte. Bei ihrer Ankunft wog die kleine Schildkröte aber nur 27 g, wobei die untersuchende Tierärztin das wahre Alter jedoch eher auf 4 Wochen schätzte. Jeden Tag wurde das Kleine per Sonde zwangsernährt (Möhrenbrei mit BeneBac, HerbiCarePlus und Calcium) und jeden 2. Tag erhielt es darüber hinaus eine Infusion mit einer Clucose-Ringerlösung. Nach 3 Wochen Behandlung jubelte die Besitzerin zum ersten Mal: die Waage zeigte 31 g an, ein Plus von immerhin 4 g (+ 15 %). Noch am gleichen Abend urinierte die Schildkröte eine große Menge und wog dann am nächsten Tag wieder nur noch 27 g. Eine Riesenenttäuschung für die Besitzerin.
Sie stellte die Sondenfütterung ein, als die Schildkröte eigenständig zu fressen begann. Das Abbeißen und Hinunterschlucken scheint extrem anstrengend für das Tier zu sein, das nicht selten mit dem Kopf im Futter steckend einschläft. Dieser ständige Gewichtsverlust nach nur wenigen Gramm Gewichtszunahme sei extrem demoralisierend – ich kann dies nach meinen Erfahrungen mit Nr. 5 und 6 sehr gut nachvollziehen.
Ein anderer Käufer einer jungen Spornschildkröte erhielt sein Tier im Sommer 2012 – und zwar vom gleichen Lieferanten aus NRW, von dem auch die Babys Nr. 1-4 stammten (siehe 1. Teil des Artikels). Das Tier litt unter einem starken Wurmbefall. Trotz Behandlung durch einen reptilienkundigen Tierarzt konnte die Schildkröte nicht mehr gerettet werden und verstarb - zwei Monate nach Erhalt.
In einer aktuellen Zuschrift von Oktober 2013 teilt mir eine Schildkrötenliebhaberin mit, dass sie sich im Jahr 2011 zwei Sulcata-Babys zugelegt hatte. Beide Schildkröten stagnierten im Wachstum; eine verstarb noch im gleichen Jahr. Die zweite hat etwas an Gewicht zugelegt, vor allem im letzten Jahr (2012), kränkelt aber viel. Ihre Frage an mich kann ich leider auch nicht beantworten: hat sie wirklich eine Chance, alt zu werden?
Was Spornschildkröten-Babys etwa wiegen sollten
Die in diesem Beitrag angeführten Schildkrötengewichte in Abhängigkeit des Alters können nur richtig beurteilt werden, wenn das „normale“ Gewicht bekannt ist. Typisch für die Art C. sulcata ist, dass die Schildkrötengewichte stark schwanken, sogar bei Geschwistertieren des gleichen Geleges und natürlich erst recht zwischen Männchen und Weibchen. So kann beispielsweise eine Spornschildkröte mit einer Carapaxlänge von ca. 25 cm sowohl erst drei Jahre als auch schon 10 Jahre alt sein [Stewart, 2012].
Die in der nachstehenden Tabelle angegebenen Gewichte stammen von der spanischen Schildkrötenzüchterin Brigitte Kesseler. Sie sind nicht so zu verstehen, dass schon bei Unterschieden von 30 oder auch 40 % zum eigenen Tier ein Besuch beim Tierarzt erfolgen muss. Es handelt sich um grobe von/bis-Richtwerte, wobei auch noch das Alter, Gewicht und die Größe der Elterntiere eine Rolle spielen. Wenn aber ein 1 Jahr altes Baby der größten auf dem Festland vorkommenden Landschildkröten-Art noch keine 50 g wiegt, dann darf man getrost von Zwergwuchs oder Null-Wachstum sprechen.
Bild 7 zeigt eine sich normal entwickelnde Spornschildkröte.
Anhaltswerte für Gewichte von Spornschildkröten-Babys
Alter, Tage bzw. Monate |
Gewicht, g |
Bemerkungen |
14 Tage |
39 |
CL = 5,5 cm |
2 Monate |
29 – 43 |
|
3 Monate |
39 – 55 |
|
4 Monate |
54 – 69 |
|
12 Monate |
ca. 120 |
|
13 Monate |
190 – 340 |
CL = 9 - 12 cm |
16 Monate |
2401 – 6402 |
1 = Männchen, 2 = Weibchen |
CL = gestreckte Carapaxlänge
Bild 7: Beispiel für ein normales Wachstum: dieses Spornschildkröten-Weibchen war zum Zeitpunkt der Aufnahme etwa 4 ½ Jahre alt und wog knapp 5 kg. Foto von Stefan Dettling. Alle anderen Aufnahmen stammen vom Autor.
Fazit und Empfehlungen
Leider war es mir trotz aller Bemühungen bisher nicht möglich, den eigentlichen Grund für das Kümmern von Spornschildkröten-Nachzuchten herauszufinden. Ein genetischer Effekt als Erklärung wird von den Spezialisten als Ausnahme (weniger als 5 % der auftretenden Fälle) angesehen. Eine übermäßig starke Verwurmung kann auch nicht der (alleinige) Grund sein, weil auch Tiere kümmern, die nachweislich wurmfrei sind (ein ganz anderes, hier aus Platzgründen nicht zu diskutierendes Thema ist, ob es überhaupt sinnvoll ist, einen Oxyurenbefall bei ohnehin schon geschwächten Tieren mittels Panacur zu bekämpfen). Entsprechendes gilt für eine gestörte Calciumaufnahme bzw. Vitamin D-Synthese oder für Mineralstoffmangel: sobald die kleinen Schildkröten wenigstens etwas fressen (oder zwangsernährt werden), nehmen sie automatisch auch ausreichend Mineralien auf. Denkbar als Erklärung wäre auch eine virale Infektion mit der Folge einer Demineralisierung oder eine sekundäre krankhafte Überaktivität der Nebenschilddrüsen.
Wer bereits eine kümmernde junge Spornschildkröte besitzt und sie artgerecht hält, auf die trotzdem die in diesem Artikel veröffentlichten Symptome zutreffen, kann an der Situation nur wenig ändern. Man muss sich als Halter eines derartigen Tiers mit dessen Zustand abfinden. Man sollte sich auch keine Vorwürfe in Richtung auf eine mögliche falsche Haltung machen, denn die Art Geochelone sulcata ist eine sehr robuste Schildkrötenart, die mit vielen unterschiedlichen Umgebungsbedingungen zurechtkommt.
Ich fürchte, dass derartige kleinwüchsige Tiere immer Patienten bleiben werden, auch wenn mir entsprechende Erfahrungen bei über 6-jährigen Tieren fehlen. Man muss also mit ständigen Höhen und Tiefen in der Pflege rechnen. Einziger Vorteil, wenn man dieses Wort in diesem Zusammenhang überhaupt gebrauchen kann: ein oder zwei Kümmerlinge dieser Riesenschildkrötenart lassen sich in einem vergleichsweise kleinen Terrarium bzw., in der warmen Jahreszeit, in einem kleinen Freigehege pflegen.
Doch Käufer von Spornschildkröten-Nachzuchten können sich eine derartige, alles andere als zufriedenstellende Situation ersparen. Sie sollten keine Nachzuchten ungesehen bei Händlern kaufen, die ständig mehrere Schildkrötenarten auf engem Raum halten und die Elterntiere nicht vorzeigen können. Aber auch der Kauf von Spornschildkröten-Schlüpflingen auf einer Reptilienbörse stellt aus meiner Sicht ein gewisses Risiko dar. Wenn der Erwerb dort schon sein muss, dann sollte man sich vom Verkäufer nicht nur die Papiere (sofort auf Plausibilität prüfen !) zeigen lassen, sondern auch nach dem aktuellen Gewicht und der Gewichtsentwicklung der letzten Wochen fragen. Das Mitnehmen einer kleinen Küchenwaage ist in diesem Fall nicht übertrieben. Auch das Untersuchungsprotokoll einer Kotprobe der angebotenen Tiere wäre für den Käufer interessant.
Zu bevorzugen ist der persönliche Kauf beim Züchter zuhause. Vorsicht ist geboten, wenn die angebotenen Schildkröten-Babys schon beim Züchter apathisch sind: sie müssen neugierig sein und im Gehege herumlaufen. Sulcatas mit einem Gewicht von weniger als 45 g sollte man generell nicht kaufen. Ich selbst wäre – nach all den unerfreulichen Erfahrungen so mancher Schildkrötenfreunde – sogar noch vorsichtiger und würde Sulcatas nur ab einem Alter von etwa einem Jahr erwerben, auch wenn sie dann etwas teurer sind als erst zwei oder drei Monate alte Babys. Was solche Schildkröten etwa wiegen sollten, ist obiger Tabelle zu entnehmen.
Seriöse Züchter werden bestimmt auch einer Rückgabe eines gekauften Tieres für den Fall zustimmen, dass sein Gewicht nach dem Kauf stagnieren sollte.
Ich wünsche mir deshalb, dass dieser zweiteilige Bericht von möglichst vielen Schildkrötenfreunden, aber auch Züchtern gelesen wird. Sollten Sie im Bekanntenkreis erfahren, dass jemand an die Anschaffung von G. sulcata denkt, so machen Sie ihn/sie auf meinen zweiteiligen Artikel aufmerksam, auch dann, wenn er/sie bereits ein Sulcata-Problemtier besitzt.
Literatur:
Bidmon Hans-J. (2012): pers. Mitteilung an den Autor, 1.12.2012
Dennert Carolin (2001): Ernährung von Landschildkröten. Natur und Tier-Verlag, Münster, ISBN 3-931587-53-3
Eggenschwiler Ursula (2000): Die Schildkröte in der tierärztlichen Praxis. Schöneck-Verlag, ISBN 3-9522067-0-9
Stewart Tyler (2012): Sulcata Tortoise Care Sheet. www.reptilechannel.com/care-sheets, Stand September 2012
Dieser Beitrag wurde am 17. November 2013 online gestellt.
Auf die Nennung der Namen von Käufern und Züchtern wurde bewusst verzichtet.
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Nachtrag vom 26. März 2014:
Spornschildkröten-Babys Nr. 5 und 6 leben (auch) nicht mehr
Leider sind meine im obigen Beitrag angedeuteten Hoffnungen über einen gewissen Entwicklungsfortschritt bei den beiden stark zurückgebliebenen Sulcata-Jungtieren Nr. 5 und 6 nicht in Erfüllung gegangen. Im obigen Text wurde bereits erwähnt, dass die beiden zum Zeitpunkt des Hochladens des umfangreichen Berichtes nach mehreren Tagen mit - relativ - gutem Appetit plötzlich das Futter wieder verweigerten, was auch immer ich ihnen anbot. Diese Phase hielt leider seitdem an, und die Tiere wurden zunehmend lethargischer. Die Folge war ein Gewichtsverlust: wog das kleinere Tier (Nr. 5) am 7. Januar 2014 noch 69 g und das etwas größere (Nr. 6) 104 g, zeigte die Waage am 16. März nur noch 64 bzw. 99 g an. Da alle Sulcata-Jungtiere von mehreren Züchtern, deren traurige Schicksale ich über drei Jahre (2011-2014) hinweg verfolgen konnte, im Freien auffällig sonnenscheu waren, ersetzte ich die Wärmelampe in ihrem Terrarium durch eine mit geringerer Watt-Zahl. Doch auch diese Maßnahme brachte keine Änderung im Verhalten der Jungtiere: ihre kumulierte Tagesstrecke war nie größer als 10 cm! Meist lagen die Tiere mit geschlossenen Augen im äußeren Bereich des Lichtkegels und bewegten sich praktisch nicht. Einzig das zweimal wöchentlich erfolgende Bad im lauwarmen Wasser für etwa 10 Minuten belebte sie kurzzeitig; wenigstens streckten sie während dieser Zeit ihre Köpfe aus dem Wasser und öffneten ihre Augen.
Die beiden fast drei Jahre alten Sulcata-Jungtiere in der letzten Aufnahme von ihnen vom 22. März 2014, mit einer viel größeren Wäscheklammer als Größenvergleich. Normal gewachsene Schildkröten dieser Art sollten in diesem Alter deutlich über 1 kg wiegen. Foto vom Autor.
Eine weitere Behandlung durch die Tierärztin wollte ich den beiden ebensowenig zumuten wie eine tägliche Zwangsernährung durch mich. Wenn artgerecht gehaltene Schildkröten bei dieser speziellen Vorgeschichte über so lange Zeit nichts fressen, sollte man ihr Dasein nicht durch die künstliche Ernährung kurzzeitig verlängern - zu dieser Ansicht war ich inzwischen gelangt. Am vergangenen Wochenende fotografierte ich die beiden "Sorgen"-Schildkröten noch ein letztes Mal (siehe Bild) - dann war der Zeitpunkt gekommen, endgültig Abschied von ihnen zu nehmen, wobei ich mir es damit wirklich nicht leicht gemacht habe und diesen Schritt lange Zeit immer wieder aufgeschoben habe ... Da das Terrarium in meinem Büro auf einem Sideboard nur 40 cm vom Schreibtisch entfernt ist, habe ich die beiden Schildkröten über viele Monate hinweg täglich mehrere Stunden lang im Auge gehabt und fast jede Regung von ihnen registriert - wahrlich kein erfreulicher Anblick. Schade ... , schade vor allem auch, dass trotz des Einschaltens mehrerer erfahrener Veterinärmediziner, denen ich frisch verstorbene Spornschildkröten-Schlüpflinge überließ, unklar blieb, warum diese Jungtiere fast von Anfang an ihr Wachstum eingestellt haben.