Fast genau drei Jahre ist es jetzt her, dass - am 14. Dezember 2004 – eine erschöpfte 77 cm lange und 74 cm breite Landschildkröte der Gattung Dipsochelys dussumieri (Aldabra-Riesenschildkröte) in der Nähe von Dar es Salaam (Tansania, Ostafrika) aus dem Meer ans Land kroch. Das 25 kg schwere Tier, ein Weibchen, war ringsum mit Meeresmuscheln besiedelt, so dass es längere Zeit im Indischen Ozean zugebracht haben muss. Mit zusätzlicher Einberechnung der örtlichen Meeresströmungen stellte sich heraus, dass die Schildkröte nicht etwa von der nahen kleinen Schildkröten-Insel Changuu („Prison Island") vor der Westküste Sansibars stammt, sondern vom Aldabra-Atoll inmitten des Indischen Ozeans, nordwestlich der Nordspitze von Madagaskar, und zwar speziell von der dortigen Teilinsel Grande Terre. Dies bedeutet, dass die Riesenschildkröte sechs bis sieben Wochen lang im Meer trieb und dabei eine Strecke von etwa 740 km zurücklegte. Dies ist der erste Fall einer sehr weiten und sicher belegten „Seereise" einer Landschildkröte. Es gab zwar schön öfters Sichtungen von im Wasser treibenden großen Schildkröten, doch immer nur in Küstennähe. So kann man sich jetzt sehr gut vorstellen, dass einst die Vorfahren der heutigen Riesenschildkröten-Populationen auf Galapagos die etwa 1.000 km Seestrecke vom südamerikanischen Festland zu der zu Ecuador gehörenden Inselgruppe schwimmend und treibend zurückgelegt haben. Das bei Dar es Salaam angeschwemmte Tier erholte sich übrigens prächtig: zwei Monate nach dem Fund hatte die Schildkröte 2 kg zugenommen und Anfang Mai 2006 wog sie immerhin schon 42,5 kg.

 

p1000638_aktuelle_infosEine Aldabra-Riesenschildkröte (Dipsochelys dussumieri) wie auf diesem Bild hat im Spätherbst 2006 auf dem Meer treibend 740 km zurückgelegt. Das Foto stammt von Horst Köhler und entstand auf der zu Sansibar gehörenden winzigen Koralleninsel Changuu, auf der seit längerer Zeit eine Gruppe von über 100 Aldabra-Riesenschildkröten gepflegt wird. Die Tiere halten sich in der warmen Jahreszeit fast ausschließlich im Schatten von Bäumen auf, durch deren Äste und Zweige nur wenig Sonnenlicht bis zum Boden durchkommt.

 

Referierte Literatur: The first substantiated case of trans-oceanic tortoise dispersal. Journal of Natural History, 28. Dezember 2006

19.12.2007 Horst Köhler